Schlammland Gewalt: makaber bis ins Mark

Köln (kle) Corona sei nicht die Zeit gewesen, um im Rahmen eines gesellschaftskritischen Theaterstückes eine Bierzelt-Szenerie einzuüben, konstatiert der Schauspieler Thomas Hupfer am Samstagabend nach seiner Solo-Performance am Tresen des Artheater. Daher habe er die Gelegenheit beim Schopfe gepackt und begonnen, alle die für ein Monodrama notwendigen Figuren kurzerhand selbst zu spielen. Die Rede ist von der Tragikomödie „schlammland gewalt“, geschrieben vom Ingeborg-Bachmann-Preisträger Ferdinand Schmalz.

Eine Stunde zuvor staunen die etwa 30 Theaterbesucher nicht schlecht: Ohne jegliche Vorwarnung werden sie mit der Kernaussage des Abends konfrontiert. „Warum nicht einfach die Mechanismen der Evolution akzeptieren?“ Hupfer kauert auf ein paar aufgetürmten Bierkästen, während er das immer wieder so ins Mikro spricht. Erst leise. Dann etwas provokanter. Schließlich richtig aggressiv. Eingepackt ist er in eine Rettungsdecke. Ein bisschen wie ein gefallener Engel wirkt er. Die sogenannte Live-Loop-Technik hilft Hupfer dabei, das von ihm Gesprochene aufzunehmen, abzuspielen und mit weiteren Aussagen anzureichern. Ergebnis: Eine Art Satz-Konglomerat. Das dann abrupt ein Ende findet. Der gebürtige Altöttinger schmeißt seine Decke weg und das Publikum hinein ins Geschehen: Ein kleines Dorf, irgendwo in Österreich, es feiert. Im Bierzelt. Im Exzess. Brathendl, Blasmusik und Dorfsheriff inklusive, versteht sich. Zeiringer heißt der. Von ihm und seinem Zuarbeiter Schauersberger werden die Probleme klar beim Namen genannt und werden Verdächtigungen stets erhärtet, sollte sich dies als notwendig erweisen. Toni und Sandra stehlen sich davon. Sie sind jung, sie treiben es und träumen von dem Dorf, „das nicht war und ist, sondern vielleicht noch werden kann“. 

Und es endet in einem in Gänze folgenreichen und symbolträchtigen Ereignis. In einem Fanal: Der Zeiringer tötet den Toni, seinen eigenen Sohn. Im Affekt, versteht sich. Eine Schlammlawine begräbt schließlich die Feiernden unter sich. Praktisch: „Die Leichen müssen nicht mehr vergraben werden.“ Fazit: Makaber bis ins Mark. Und: Dürrenmatt kann einpacken. Absolut sehenswert. 


(nur Printausgabe)

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