Die Würde sitzt neben Maria Ressa
Köln (kle) Es ist eine Minute vor zwölf für die Demokratie. So oder so ähnlich könnte man die Hauptaussage der lit.Cologne-Veranstaltung mit dem Titel „Der Kampf um unsere Zukunft“ mit Friedensnobelpreis-Trägerin Maria Ressa, der Schauspielerin Bibiana Begalu und der Redakteurin des Spiegel, Susanne Weingarten, in den Balloni-Hallen vor ausverkauftem Hause prägnant und provokant auf den Punkt bringen.
Und die Idee ist folgende: Maria Ressas Buch „How to Stand Up to a Dictator“ (Wie man sich gegen einen Diktator stellt) dient als Ausgangspunkt des Podium-Gesprächs. Moderatorin Weingarten stellt Ressa während der knapp 80 Minuten wohl überlegte Fragen auf Englisch, die diese schließlich – ebenfalls auf Englisch – ausführlich beantwortet. Danach übersetzt Weingarten Ressas Antworten ins Deutsche. Das ganze Prozedere wird insgesamt dreimal durch Textauszüge des Primärwerks aufgelockert. Vorgelesen von Begalu. Soweit, so gut.
Dass die Nobelpreisträgerin des Jahres 2021 seit 2018 ihr Haus nur noch mit einer schusssicheren Weste verlasse, wird zu Beginn der Lesung erwähnt. „Sie (Ressa) ist ein unglaublich netter Mensch und eine Kämpferin für die Demokratie“, erklärt Weingarten. Vor allem Letzteres lasse ihre Feinde unruhig schlafen. Die Zuschauer sind überwältigt von Ressas Ausstrahlung, und sie halten kollektiv den Atem an, als sie von den notwendigen Schutzmaßnahmen erfahren, die Ressa über sich ergehen lassen muss. Dabei, so erzählt die Autorin, wolle sie mit ihrem Buch doch nur die gefährliche Veränderung unserer Welt darstellen. Auf der stünden wir alle noch, doch sei der Untergrund – die Demokratie – mittlerweile kein fester Boden, sondern Treibsand unter unseren Füßen, erklärt Ressa eindrücklich. Aus Versehen jedenfalls sei sie nicht Journalistin geworden, plaudert sie aus dem Nähkästchen. Ärztin sei für sie damals als Studentin in den Vereinigten Staaten nicht in Frage gekommen. Blut könne sie nämlich nicht sehen. Der Journalismus, der habe sie schon immer fasziniert. Klar, Fragen stellen können, das sei großartig, aber darüber hinaus sei der Journalismus notwendig für die Demokratie. Unbedingt. Und die liegt ihr am Herzen. Das merkt man an jedem Satz, den Ressa spricht, an jedem Lächeln, das sie dem Publikum entgegenwirft. Überhaupt die Aura der Frau, die an diesem Abend über sich selbst sagt „ich bin nur eine kleine Frau aus einem kleinen Land“ ist ungewöhnlich stark. Eine solche Anziehungskraft zu besitzen, kann eine schwere Bürde sein. Ressa trägt sie mit Würde.
Und genau diese Würde setzt sich am Ende der Veranstaltung noch einmal selbstbewusst neben diese kleine Frau aus einem kleinen Land, ohne dabei aufdringlich zu werden. „Ich bekenne mich“, spricht Ressa ruhig. „Ich bekenne mich zu meiner Politik, zu meinem Aktivismus und zu meiner Sexualität.“ Was für eine Frau. Was für ein Mensch.