Mädchenschule – unsere Demokratie ist kein Selbstläufer
Köln (kle) Das ist der Versuch, in 70 Zeilen über die Theater-Inszenierung „Mädchenschule“ von Nona Fernández zu berichten, von einer Geschichte zu erzählen, die uns alle angeht, unbedingt, die uns alles abverlangt und die aktueller denn je nicht sein kann. Denn: Im Kern des Stücks geht es nicht mehr und nicht weniger um das Wort, das in den letzten Jahren, Monaten und Tagen in unseren gesellschaftlichen Sphären eine Art Renaissance erfährt: Demokratie.
Und natürlich kann man hier und jetzt darüber schreiben, wie wertvoll Geschichte sei, da man aus ihr lernen könne, durch sie heraus Fehler in der Zukunft vermeiden könne, aber: So einfach ist die Sache nicht. Das weiß auch die chilenische Drehbuchautorin Nona Fernández, und das verstehen irgendwann im Verlaufe der Handlung des Stücks auch unsere vier HauptprotagonistInnen Maldonado (gespielt von Katharina Waldau), Riquelme (gespielt von Sabine Janicki), Fuenzalido (gespielt von Phuong Tuong Bui) und der Pysiklehrer ohne Namen (gespielt von Michael Hafner). „Zeit ist relativ“, sagt der natürlich besserwisserhaft in der Mitte der Vorführung zu den drei Erstgenannten, auch wenn er zunächst irritiert feststellen muss, dass eben die im wahrsten Sinne des Wortes aus einer anderen Zeit entsprungen sind und 30 Jahre gesellschafts-politische Entwicklung in ihrem Land Chile seit 1989 unter Pinochet verpasst haben. Verpasst? Unterdrückung, Unrecht und Korruption: Das alles gibt es auch 2019 noch, stellen sie fest.
Schreiben muss man darüber, wie alle vier in ihrer Rolle aufgehen, wie Hafner es schafft, den sich selbstauflösenden depressiven Pauker zu spielen, wie Bui das, was er sagen will, aber nicht über seine Lippen bringen kann, mit seinem Körper auszudrücken imstande ist, oder wie Waldau einfach nur sagt „Jetzt habe ich nichts mehr, wofür ich kämpfen kann“. Vor allem diesen Satz nimmt man mit nach Hause und weiß: Unsere Demokratie, sie ist kein Selbstläufer, und sie ist in Gefahr. Mehr denn je. „Mädchenschule“ hält uns den Spiegel vor die Nase. Den Spiegel unseres Selbstverständnisses.