René Steinberg kriegt die Kurve: gerade noch so.

Rommerskirchen (kle) Einer der authentischsten Momente an diesem Abend im ausverkauften Kulturcafé am Grünweg 9: „Die Welt, die Welt / sieht wie gepudelt aus“. Kabarettist René Steinberg plaudert hier ein bisschen aus dem Nähkästchen. Seine Tochter habe als Fünfjährige das bekannte Weihnachts-Lied „Es schneit“ von Rolf Zuckowski genau so gesungen und damit unwissentlich komisch gemacht. Und komisch ist es dann auch, als Steinberg pantomimisch versucht, seine imaginäre Haustür aufzudrücken, das aber nicht klappt, weil die ja von einem Haufen voller Pudel zugestellt wird.

Komisch ist es allerdings nicht von Beginn an. Pfarrer Thomas Spitzer, er macht keinen Hehl aus der momentanen Situation im Kulturcafé: Die sei fatal. Und finanziell eng, berichtet er. Die Stimmung: gedämpft. Steinberg ist das egal. Er springt in seinem grell-roten Anzug auf die Bühne. „Das heute ist Weihnachts-Programm mit alles!“ ruft der gebürtige Mühlheimer selbstironisch. Der Rahmen also ist gesteckt. Und tatsächlich: Von nun an geht es in einem Affen-Tempo einmal querbeet durch die weihnachtliche Begriffs-Landschaft. Steinberg bedient sich immer wieder altbewährter Stereotypen. In Köln beispielsweise, da gäbe es einen schwulen Weihnachtsmarkt mit handgedrechselten Dildos. Interessieren würden die jedoch niemanden so richtig, auch wenn die vielleicht mit Bienenwachs überzogen seien. Einige Damen im Gemeindesaal können da schon nicht mehr vor Lachen. 

Steinberg, der kriegt das natürlich mit und bleibt deshalb noch ein bisschen auf der Stimmungs-Welle namens „Bah, das will man nicht!“ Black Friday zum Beispiel: bah! Wo sei sie geblieben, die gute deutsche Tradition des Sommer-Schluss-Verkaufs, der harte analoge Ellenbogen-Kampf deutscher Amazonen, fragt er in die Runde. „Genau!“ grölen ein paar von hinten. Jetzt wäre es an der Zeit die Kurve zu kriegen, meint man. Steinberg kriegt die noch. Gerade so. „Come on let‘s hetz again“ singt er dann in Anlehnung an Chubby Checkers Song „Let‘s Twist Again“. Die etwa einhundert Fans des gepflegten Kabaretts kommen so wieder auf andere Gedanken.

Ganz verschwinden jedoch will dieses Geschmäckle einer lückenhaften Political Correctness im ersten Teil der Show nicht. Was Männer so denken und Frauen so wollen, unter dem Deckmantel der Debatte über weihnachtliche Deko- und Ess-Gewohnheiten kommen da noch so einige andere Dinge ans Tageslicht. „Nahrungs-Meckereien“ jedenfalls kommen Steinberg nicht in die Tüte. Das Kulturcafé jubelt. Dann ist Pause.

Was dann noch kommt: Weihnachtliche Textstellen, über die man mal gesprochen haben sollte, und die Erkenntnis darüber, dass Empfängnis nichts mit Handy-Empfang zu tun hat, Knecht Ruprecht als verkappter Gangsta-Rapper - „Meine Hood, das ist mein Wood“ – und natürlich die Weihnachts-Geschichte. Heute im Stile digital 2.0, versteht sich. Das interaktive Krippenspiel schließlich ist ein Höhepunkt des Abends. Steinberg dirigiert die verteilten Rollen im Publikum bravourös. Überhaupt hat der aus Funk und Fernsehen bekannte Kabarettist ein Händchen und ein Öhrchen für die Zuschauer. Am Ende liegen einige von denen vor Lachen unterm Tisch. Steinberg winkt und verlässt die Bühne: „Danke, ihr wart großartig!“


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