Musikalische Radtour -„Movimento“ überzeugt mit hohem musikalischem Niveau und guter Planung
Grevenbroich / Neuss (kle) „Movimento – Die musikalische Radtour an der Erft“. Das klingt verlockend. Und: Angelockt hat die Tour insgesamt etwas mehr als 200 rad- und musikbegeisterte Menschen an diesem letzten Sonntag im September. Die Idee: Man radelt gemütlich am Ufer der Erft entlang und stoppt an ausgewählten Orten, um Live-Musik erleben zu können. So weit, so gut. Und schon das äußerst ansprechende und übersichtlich gestaltete Prospekt, das man von den freundlichen Guides am Startpunkt der Tour - an der Zehntscheune Elsen - in die Hand gedrückt bekommt, verrät: Hier wird nichts dem Zufall überlassen. Hier ist alles bis ins Detail ausgeklügelt und geplant.
Und weil das so ist, ist es nur logisch, das Ensemble Cembaless an den Anfang dieser musikalischen Reise zu platzieren. Zu hören ist draußen auf dem Vorhof der Scheune aus dem 13. Jahrhundert noch nichts. Erst, als sich die Tür zum Festsaal öffnet, schlingt sich das kecke und körperbetonte Blockflötenspiel von Annabell Opelt und David Hanke wie eine Liane, die es gut mit einem meint, um den ganzen Körper. Sofort ist man der Alten Musik erlegen. Und sollte es nicht direkt um einen geschehen sein, hat das Ensemble noch eine Geheimwaffe in petto: Elisabeth von Stritzky. Ihre Stimme bei „Yo soy la locura“: Voller Klarheit. Man beginnt so vor sich hinzuträumen. Aufs Rad schwingen möchte man sich in diesem Moment jedenfalls nur ungerne.
Aber es hilft ja nichts. Nur die kleine mobile Kaffee-Bar auf vier Rädern im Eingangsbereich des Vorhofes mit vorzüglichem Espresso zu einem fairen Preis kann für etwas Ablenkung und den richtigen Schwung sorgen. Mit jedem Tritt verblasst die Scheune etwas mehr. Immer den Markierungs-Schildern hinterher. Ziel: Die Villa Erckens. Diese ehemalige Industriellen-Villa, die 1887 errichtet wurde, unter Denkmalschutz steht und neben einer Dauerausstellung mit dem Titel „Museum der Niederrheinischen Seele“ auch immer wieder zeitlich begrenzte Ausstellungen beherbergt, stellt eine äußerst attraktive musikalische Zwischenstation der Tour dar. Hier in einem eigens hergerichteten Ausstellungs-Saal zu bestaunen und zu hören: Das Düsseldorfer Hornquartett. Die vier jungen Hornisten spielen „Lützows wilde Jagd“, „Walzer-Potpourri“ oder die „Sarabande“ von Bach. Dazwischen erklären sie den aufmerksamen Zuhörern, was das Horn denn so besonders mache und wie vielfältig einsetzbar es sei. Das ist auch einer der Gründe, warum sie gerne verschiedenste Stilrichtungen von Alter bis Neuer Musik miteinander verbinden, sagen sie.
Ein paar Minuten später geht es aus dem eigentlichen Stadtgebiet Grevenbroichs hinaus und hinein in die Erft-Auen Richtung Wevelinghoven. Das ist wunderschön. Vorbei geht es an verwunschenen Teichen linker Hand, die mit Seerosen bedeckt sind, die Erft fließt auf der rechten Seite. Erkennen kann man das allerdings nur, wenn man kurz stehenbleibt. Schon von weitem erkennen kann man dagegen den amerikanischen School-Bus auf dem Gelände des Martinus-Forum. Typisch gelb-schwarz ist der. Untypisch allerdings ist der Geruch von Fritteusen-Fett und das Geräusch von brutzelndem Fleisch, der aus dem Bus zu riechen und das aus ihm zu hören ist. Denn: Es ist ein Schulbus, umfunktionalisiert zu einem Imbiss-Stand. Die Radler nehmen dieses kulinarische Angebot gerne an. Die Burger und Pommes schmecken. Ein musikalischer Hochgenuss und Höhepunkt an diesem Sonntag begegnet den Teilnehmern der Tour dann ein paar Schritte weiter im Saal des Forums selbst: Das preisgekrönte A-Cappella-Ensemble aus Norddeutschland, Quartonal. Die vier Sänger überzeugen die rund 30 Zuhörer nicht nur mit ihren Stimmen und ihrer Liedauswahl, sondern sie verzücken sie gleichzeitig auch mit ihrer guten Laune, ihrem Witz und ihrem leicht aufgesetzten Charme. Dass sie an guten Tagen das Publikum um den Finger wickeln könnten, gibt Christoph Brehm (Bariton) später Backstage unverhohlen zu.
Auch unser freier Autor gibt an dieser Stelle unverhohlen zu: Die Tour endete an dieser Stelle für ihn. Der Grund: Ein Folge-Konzert an anderer Stelle. Er sei sich jedoch sicher, dass auch Viviane Chassot in St. Paulus Weckhoven, Grégoire Blanc im Schloss Reuschenberg und die ukrainischen Folklore-Musiker im Neusser Bazzar Caffé restlos begeistern konnten.
Fazit: Das Konzept von „Movimento“ ist nachhaltig. Musikalisch auf professionellstem Niveau. Kulinarisch ansprechend, extrem gut geplant und: Einfach gesund. Bitte bald wieder.