„Erft in Flammen“ – tropische Party-Nacht in Grevenbroich
Grevenbroich / Neuss (kle) Da sind Kati und Julia. Die beiden genießen ihren Kartoffelchips-Spieß. Da ist Frank. Der steht hinter seinen Turntables und heizt den Tanzenden so richtig ein. Und da ist Schlagzeuger Benni. Der hat ganz schön viel Taktgefühl und kennt Reggea-Ikone Gentleman. Doch von Beginn an.
Am Samstagabend fand zum dritten Mal die beliebte Sommerveranstaltung „Erft in Flammen“ am Alten Schloss in Grevenbroich statt. 2012 gab’s das zum letzten Mal. Lange her, mag man meinen, denn hohe Sicherheitskosten verhinderten das Volksfest jahrelang. Erst mithilfe unterschiedlicher Sponsoren, wie beispielsweise die Discounter-Kette Lidl, das Autohaus Gottfried Schultz oder RWE, konnte nun endlich an diesem Wochenende die Festreihe fortgeführt werden. Und so viel vorweg: Es lohnte sich, dem Alten Schloss in dieser tropischen Nacht einen Besuch abzustatten.
Einem Stillleben gleich sitzen Besucher des Festes auf den Schlosswiesen, trinken eine Limonade oder halten gemütlich ein Glas Weißburgunder in ihren Händen. Es wird angestoßen. Gläser klirren. Wüsste man es nicht besser, es könnte auch der Lago Maggiore oder irgendein anderer mediterraner Urlaubsort sein, an dem man sich befindet. Die meisten Kinder spielen Fangen oder hüpfen in der Delfin-Hüpfburg um die Wette. Die Atmosphäre ist entspannt. Aber sowas von. Wo also ist der Haken? In einer Ecke der Streetfood-Meile steht ein Mann mittleren Alters hinter seinen Turntables, dreht begeistert an all seinen Knöpfchen und strahlt übers ganze Gesicht. Das ist Frank Scholten alias DJ Fresh. Auf seiner Karte steht „Ihre Party in guten Händen“. Das passt. Denn er macht das wirklich gut. Und als er „Komet“, den aktuellen Song von Apache 207 und Udo Lindenberg, auflegt, verwandelt sich die Streetfood-Meile so ganz plötzlich in eine große Tanzfläche. Frank Scholten sieht glücklich aus. Die Menschen vor seinem DJ-Pult auch. Für ihn persönlich sei das jedoch derzeit gar nicht sein Lieblingssong. Das sei die Nummer „Transmission“ von Eelke Kleijn. Später werde er die noch spielen, sagt er und grinst.
Apropos: Das machen auch die zwei Freundinnen Kati und Julia. Aber nicht, weil sie ihren Lieblingssong gefunden, sondern weil sie eine kulinarische Neuheit für sich entdeckt haben: den Kartoffelchips-Spieß. Mit einer leichten Knoblauchnote seien ihre Chips überzogen. Zwei Meter hinter den beiden kann man beobachten, wie aus regional frischen Kartoffeln die Chips vor- und zubereitet werden. Kati und Julia jedenfalls konnten dieser Versuchung nicht widerstehen. Verständlicherweise. Glücklich sehen sie aus. Die Menschen vor den anderen Imbissbüdchen auch. Tacos, Wildspezialitäten, schwäbische Maultaschen oder Bio-Würstchen. Da findet jeder etwas für sich. Ganz bestimmt.
Finden muss man Papa’z Finest, die Band, die ab acht Uhr auf der Bühne des Schlossplatzes spielt, nicht. Denn damit verhält es sich genau andersherum: Die Musik der Bonner Coverkönige, die findet einen. Wie von selbst. Anna, Guido und Ken singen sich die Seele aus ihrem Leib. Bei 32 Grad Celsius. „I Want It That Way“ von den Backstreet Boys führt die Band nahezu in Perfektion auf. Musikalisch und auch inszenatorisch. Selten hat man so eine gute Coverband gesehen und gehört. Die Besucher würdigen das. Applaudieren. Das aber leider etwas verhalten. Sind die meisten doch noch zu sehr in Privatgespräche verstrickt. Das Schicksal einer Coverband, zumindest das potenzielle, könnte man meinen. Das Schicksal auch von Benni Koch, dem Schlagzeuger der Band. Er freue sich dennoch heute Abend hier zu sein. Außerdem sei der Abend ja noch jung, erzählt Benni, der unter anderem auch schon für Sydney Youngblood, Gentleman oder Stefanie Heinzmann gespielt hat. Glücklich sieht Benni Koch aus. Die Menschen vor der Bühne auch.
Als dann bei Einbruch der Dunkelheit zuerst der Feuerkünstler Michael Held mit seinen Jonglage- und Swinging-Techniken einem den Atem stocken lässt, die Zuschauer in den ersten Reihen ein wenig aufpassen müssen, nicht zu viel Flammenruß abzubekommen, und schließlich um kurz vor Mitternacht eine fulminante Laser-Show „Erft in Flammen“ ausklingen lässt, gehen die meisten danach nach Hause. Glücklich sehen sie aus. Nachtrag: einen Haken, den gab es nicht.