The Notwist hypnotisieren das Zakk
Als Hypnose wird bezeichnet: Der Zustand der hypnotischen Trance (Wikipedia)
Düsseldorf (kle) 20:49. The Notwist betreten die Bühne des Zakk. Introvertiert. Beinahe wie eine schüchterne Schülerband checken sie nochmal ihre Gitarrengurte. Stille in der Halle. Die gut 500 Besucher halten die Luft an. „Hallo.“ Markus Acher (voc, git), Frontmann der Weilheimer, bekommt zunächst nicht viel mehr über seine Lippen. Seine Finger beginnen vorsichtig die Saiten seiner Telecaster zu zupfen. Und dann singt er: „Prepare your shoes not to come back soon.“ In diesem Moment zerreißt Achers zierliche Stimme die schwere Luft im Zakk. Gänsehaut.
Neon Golden erzeugt zahlreiche dieser Gänsehautmomente. Und gräbt man in der Diskographie der Band um die beiden Acherbrüder etwas tiefer, dann wird schnell klar: Die Erschaffung kolossal atmosphärischer Klangräume, das war nicht von Beginn an ihr Metier. Die ersten in Eigenregie hergestellten Alben von The Notwist Anfang der neunziger Jahre sind stark geprägt von den Genres Metal, Hardcore und Punkrock. Erst mit Martin Gretschmann eröffnete sich der Band ein völlig neuer musikalischer Horizont, sie experimentierten nun zunehmend mit elektronischen Stilelementen.
Und die fesseln das Publikum. Genau wie auch die rhythmischen Rafinessen der Songs die Zuschauer immer wieder zum Staunen zwingen. Mit einem unbeschreiblichen Gefühl schlägt Andreas Haberl (dr) bei „Pick up the Phone“ mit seinen Sticks auf die Trommelringe, streichelt er mit den Besen sanft über die Kesselfelle. Und dazu immer wieder diese charakteristisch hart einfallenden, elektronisch erzeugten Schwingungen. Micha Achers (bas) Basslinien strömen dazu in jede Ritze des Raums bei „This Room“. Ein Wust an instrumentaler Sphäre breitet sich brachial und unverhohlen in der Halle des Düsseldorfer Kulturzentrums aus, Markus Achers Stimme ist schon längst verklungen, er bewegt sich mittlerweile tranceartig vor seiner kleinen rot und blau aufleuchtenden Mischpultkonsole und haut in die Tasten. Die Band lässt sich treiben, die ersten Reihen des Publikums zucken unkontrolliert taktvoll wie Zombies zu den Techno-Beats von „One with the Freaks“ und „Off the Rail“. Ein tiefes Schnaufen hier, ein heftiges Rattern da, dazwischen ein immenses Klangspektrum, Karl Ivar Refseth (vib) und sein Vibraphon scheinen miteinander zu verschmelzen. Man ist irritiert und fragt sich kurzzeitig: Wie machen die das oder besser noch: Was genau machen die da?
Cut. Das Klangchaos findet ein abruptes Ende. Beschwingt und leichtfüßig biegen wir mit „Consequence“ auf die Zielgerade des Albums ein. Es ist an der Zeit behutsam aufzuwachen. Und das funktioniert sehr gut: „Leave me hypnotized.“ 21:50.