Jason Bartsch - „Für das Scheitern braucht man Mut“

Düsseldorf (kle) Er reagiert auf das Gekreische und den Jubel seiner Fans sympathisch schüchtern, als er auf die Bühne des Zakk-Clubs stolpert, fast so, als könne er den Rummel um seine Person noch immer nicht so richtig begreifen. Dabei ist Jason Bartsch schon seit längerem keine unbekannte Größe mehr in der deutschsprachigen Singer-Songwriterszene. Und so wird es inmitten des glasklaren und abgespeckten Beats zu „Bochum“ auch sofort gesellig, „Bochum, ich komm aus dir“ wird von den rund 200 Zuschauern zur Einstiegshymne umfunktionalisiert.

Dass in Bochum noch ein Mann ein Mann sei, interessiert am heutigen Donnerstagabend niemanden, vielmehr, was Bartsch so zu erzählen hat, was so Neues passiert ist in seinem Kopf seit seinem Debütalbum aus dem Jahre 2017. Für seinen ausgeprägten Zynismus bedarf es immer noch einer gehörigen Menge Standhaftigkeit, wenn man sich - vor allem zwischen den Songs - vor Lachen nicht plötzlich unter den Stehtischen des Clubs wiederfinden möchte. Und das Publikum lechzt seinen Anekdötchen förmlich hinterher, seine Lieder, man möchte sie einfach nur hören - „Unangenehm“, „Marie“ und „Sören“ - man möchte verstehen, wie das eigentlich geht, Inhalt und Sprache so bildhauerisch miteinander zu verweben. So richtig jedoch will das nicht klappen.

Aber Jason Bartsch wäre nicht Jason Bartsch, hätte er über dieses Problem nicht schon längst nachgedacht und einen Song geschrieben. „Eine Idee für das Klappen aller Dinge“, gleichzeitig auch Titel seines aktuellen Albums, geht nach vorne, das lyrische Ich des Liedes besingt voller Enthusiasmus die mögliche Entdeckung einer Art Weltformel, mit der das Leben in allen Bereichen gelingen könne, die „die Welt revolutionieren wird.“ 

Das Scheitern dieses Vorhabens ist vorprogrammiert und steckt voller Mut, „Aber dann“: Gespenstische Ruhe. Bartsch vermischt abstraktes Politikum mit konkret Alltäglichem, holt mit diesem Songtext den Gesundheitsminister Jens Spahn, seine Reformpläne und die Menschen, die an einer Depression leiden, in die Mitte des Raumes, lässt sie sprechen und hoffen, dass Einsamkeit vielleicht irgendwann Stärke sein könne.

Der ehemalige Sieger des NRW-Poetryslam in Münster 2015 schäme sich für nichts, das brummt er ins Mikrofon, er selbst nennt seine auf den Punkt gebrachte Wortakrobatik „ein paar deutsche Lieder über dies und jenes“. Hierbei handelt es sich natürlich um ein Understatement par exellence angesichts der Komplexität, Konsequenz und Zerbrechlichkeit seiner Texte, die sezierhaft dahinschweben zwischen wütenden Rentnern, Fahrradtypen, einer krankhaft-arroganten Siamkatze oder seinem Land, das gar nicht seins sei, weil das für andere da wäre.

Das Ende des Konzerts „beginnt mit einem Hallo“, weil das Ende der Anfang sei und der Anfang das Ende, Jason Bartsch singt leise, irgendwie berührend von der Geschichte des Lebens, bis er konstatiert: Das Klappen dieser Geschichte, es bleibt schwer. 

Zurück
Zurück

The Notwist hypnotisieren das Zakk

Weiter
Weiter

Rogers verwandeln Stahlwerk in eine Sauna