So war Nenas Konzert in der Lanxess-Arena in Köln
Köln (kle) Wie gut, dass die gebürtige Hagenerin Gabriele Susanne Kerner Anfang der 1960er-Jahre einmal als Dreijährige zusammen mit ihren Eltern nach Italien reiste. Dort nämlich wurde sie laut einstimmigen Berichten zufolge von den Einheimischen „Nena“ genannt (ein spanisches Kosewort für „Mädchen“). Seitdem nennen nicht nur ihre Eltern sie so, auch ihre Fans rufen ihr diesen Namen zu, sobald sie Sie sehen oder zumindest glauben, Sie bald sehen zu werden. So geschehen auch gestern Abend in der mit rund 10.000 Zuschauern gefüllten Kölner Lanxess-Arena. „Nena!“ schreien Einige um kurz vor halb neun Richtung Bühne, weil sich auf ihr etwas bewegt. Denn: Die Band der Popsängerin, die mit weltweit 25 Millionen Tonträgern zu den erfolgreichsten Musikern der deutschen Pop-Geschichte zählt und vor allem mit Hits wie „99 Luftballons“ oder „Wunder gescheh’n“ internationale Berühmtheit erlangte, positioniert sich. Ein paar Sekunden später schon flitzt die zierliche Frontfrau in schwarzen Röhren-Jeans und roter Bodyfit-Lederjacke um einen der Gitarrenverstärker und begrüßt ihr Publikum herzlich mit „Köln, es ist so schön heute hier zu sein!“ und der ersten Nummer „Liebe ist“.
Nena, das kann man sehen und hören, liebt ihre Musik. Über alles. Auch nach über 40 Jahren Rampenlicht. Wenn sie Ihre für sie so typischen tänzelnden Kreisbewegungen - leichtfüßig wie eine Teenagerin, die zum ersten Mal im Lichtkegel der regionalen Diskothek sich und die Welt um sie herum vergisst – bei „Nur geträumt“ oder „Willst du mit mir gehn“ in den Bühnenboden dreht. Überhaupt wirkt die mittlerweile 64-Jährige, überzeugte Pazifistin, „Sexiest Vegetarian oft the Year 2010 und die wohl eingängigste Stimme der Neuen Deutschen Welle, voller Lebenslust und so quirlig wie eine Multivitamin-Brausetablette, die man gerade in ein Glas Wasser geworfen hat, um dem Kater des Vorabends Paroli zu bieten. Apropos Kater vom Vorabend: Weil’s gerade so sprudelt bei Nena, erzählt sie gleich auch noch etwas aus ihrem Nähkästchen: „Der nächste Song kam einfach, als ich eines Morgens aufwachte. Zack, da war er!“ Dann singt sie „Gestern, das liegt mir nicht / Heut brauch' ich Liebe, die endlos ist“ und man träumt sich weg und fragt sich, wie das wohl so ist aufzuwachen und ein Song ist plötzlich einfach so da. „Den hab‘ ich heute noch in der Küche gehört“, ruft eine Freundin ihrem Freund ins Ohr. Die Welt braucht mehr Küchen. Definitiv. Songs kommen, wann sie es wollen.
Auch heute Abend. 80er-Nummern wie „Noch einmal“ oder „Rette mich“ werden von den Fans der deutschen Supersängerin frenetisch abgefeiert (der freudsche Vertipper ‚abgefeuert‘ passt hier ebenso, brennen die Zehntausend doch regelrecht die Bude ab). Vor allem der Sound, das Arrangement, ja, der ganze Habitus von „Zaubertrick“ erinnern doch stark an panik-orchestral, wilde lindenbergsche Zeiten: „Heimliche Blicke folgen meiner Seele / Heimliche Blicke treiben mich zum Wahn“. Was sonst noch geschieht: Bei „In meinem Leben“ schnürt es der Arena förmlich den Hals zu: Der Applaus hat hier mal ausnahmsweise Ferien, das tiefe Ein- und Ausatmen dagegen Hochkonjunktur. Und am Ende – na klar – holt Nena den ganz großen weißen Luftballon auf die Bühne, wirft ihn hinaus auf die Köpfe ihrer Fans und singt: „Seh‘ die Welt noch nicht in Trümmern liegen“. Songs kommen, wann sie es müssen.