Für Glass Animals ist alles möglich

Düsseldorf (kle) Der folgende Text geht vor allem drei Fragen nach: 1. Was ist eine gute Vorband? 2. Dave Bayley, Frontmann einer bekannten Indie-Rock-Band: Was um Gottes Willen macht er da auf der Bühne? 3. Kann eigentlich alles möglich sein für eine Band?

Der Kontext: Gestern Abend spielte die britische Band Glass Animals im Rahmen ihrer „Tour of Earth“ ein Konzert vor rund 2.500 Fans in der Düsseldorfer Mitsubishi Electric Halle. Die vier Jungs aus Oxford um Sänger Dave Bayley sind vor allem aufgrund ihrer Post-Dubstep-Beats, Hip-Hop-Basslinien, verschleppten Marimba-Klänge und ihres psychedelischen Sounds in der Indie-Szene berühmt-berüchtigt. Bevor die allerdings mit etwa zwanzig Minuten Verspätung die Bretter, die Düsseldorf-Bilk bedeuten, betreten werden, kommen Juliette, Soph, Celia und Fern von The Big Moon auf die Bühne geschlendert. Die vier jungen Frauen wirken im Gewande der Schüchternheit zunächst eher wie eine Highschool-Band. Aber weit gefehlt. Nicht nur, dass die Londonerinnen mittlerweile schon seit zehn Jahren zusammenspielen, nein, deren energetische Gitarren-Linien, der ausgefeilte Background-Gesang samt Juliettes Stimme, die einem wie Lavendelhonig durch die Ohren fließt, und die Songs selbst – verträumt, melodisch und leicht – suchen ihresgleichen. Die Yeah Yeah Yeahs und Konsorten können gerne in den Vorruhestand gehen. Selten hat man sich den Hauptact eines Abends so gar nicht herbeigewünscht. The Big Moon: eine gute (Vor-)band.

Apropos Hauptact. Der ist für viertel vor neun angekündigt. Um Punkt neun geht der Tourmanager am Rande der Bühne hektisch auf und ab, telefoniert nervös. Dabei schüttelt er seinen Kopf. „Got To Give It Up“ von Marvin Gaye läuft da entspannt vom Band. Die Zuschauer bemerken von all der Aufregung nichts. Sie tanzen sich warm. Doch dann, fünf Minuten später, zu den majestätischen Klängen von „Also sprach Zarathustra“, abstrakten Weltraum-Animationen auf der Leinwand und unter tosendem Applaus der Fans joggen die vier Briten, von denen sich Andrew (git), Edmund (bas) und Joe (dr) schon aus Schulzeiten kennen, smart gekleidet ins Rampenlicht. Allen voran der gebürtige Texaner und Lead-Sänger Dave Bayley, der eines Tages zu den Dreien gekommen sein soll und gesagt habe: „Ich hab‘ ein paar Songs geschrieben. Wollt ihr eine Band gründen?“

Der hintere Teil der Bühne entpuppt sich mit seinen zahlreichen Kontrollbildschirmen und futuristischen Steuerelementen als eine Art Raumschiff-Kommandobrücke. Vorne zu sehen: große Stein-Attrappen. Dave und seine Freunde: Eine Band aus fernen Welten, durch eine Bruchlandung zu Gast in Düsseldorf? Bayley tanzt zu den Rhythmen von „Life Itself“ im Blitzlicht-Gewitter der LED-Leuchten in fast hypnotisch anmutender Weise. Ein bisschen erinnert er an Ian Curtis von Joy Division. Dazu passt irgendwie auch das, was er singt: „Daddy was dumb, said that I'd be something special“. Es scheint, als ob Bayley die Songs mit jedem gesungenen Vers, mit jeder Körperzuckung für einen kurzen Moment ganz für sich beansprucht, um sie gleich darauf den mitsingenden und kreischenden Fans in deren hochschwenkenden Hände zu legen. Seine Stimme, irgendwo zwischen Falsett und fetzig-arrogant angelegt, zeigt: Alles ist möglich für Dave Bayley. Die Musik der Vier trägt eine unwiderstehliche Vitalität in sich. Sie wirken im Reinen mit sich und ihr. Vollkommen. Alles ist möglich für Glass Animals.

Fazit: Ein Abend. Zwei extrem gute Bands.


Zurück
Zurück

So war Nenas Konzert in der Lanxess-Arena in Köln

Weiter
Weiter

Hip-Hop-Kaiserin Lauryn Hill und die Fugees sind zurück in Köln