Manchmal ist es zuviel des Guten bei Machine Gun Kelly
Köln (kle) Er lässt auf sich warten. Machine Gun Kelly, der US-amerikanische Sänger. Das Licht in der Lanxess-Arena ist immer noch an, da dröhnt plötzlich der Song „Welcome to the Black Parade“ von My Chemical Romance aus den Lautsprechern. Die 18.000 Fans in der ausverkauften Halle singen frenetisch mit. Sie wissen: Jetzt geht es gleich los. Und tatsächlich: Die bekannte Emo-Punk-Hymne endet, die Deckenbeleuchtung erlischt. Ein kurzer Einspieler auf den beiden riesigen Leinwänden: Kelly ist ungebetene Fracht in einem Helikopter. Irgendwie sei er da reingeraten, beschwichtigt er den Piloten. Und während das so alles gezeigt wird, betritt heimlich die Band von Machine Gun Kelly die Bühne. Der Schlagzeuger zählt an für „born with horns“, die komplette Bassline hat in diesem Moment einen technischen Ausfall. Den Fans, die seit Stunden erst vor und schließlich in der Arena auf ihr Idol gewartet haben, ist das egal: „In this film I know / There’s no happy endings“, schreien sie mit. Die angestaute Aufregung der Teenies auf den Rängen entlädt sich. Sie hängen wie ein Magnet an Kellys Lippen. Er selbst hängt mittlerweile mit einem Karabinerhaken befestigt an der Hängeleiter einer Helikopter-Attrappe, singt und genießt das Schauspiel von dort oben.
Und eine große Inszenierung ist es allemal, was einem da entgegenschlägt. Oder besser gesagt: Eine verdammt gute Rock-Show. „Holy shit!“ hört man die jungen Konzertbesucher ein ums andere Mal ungläubig rufen. Überhaupt wirken viele von ihnen wie paralysiert von Kelly, seinem Rockstar-Gehabe, von den ständigen Explosionen und Pyro-Einlagen während der knapp dreißig Songs, die Machine Gun Kelly an diesem Abend spielt. Manchmal ist das jedoch einfach zuviel des Guten. Zuviel von „let me see your fucking german faces“ und zuviel der Zigaretten, die sich der gebürtige Texaner unaufhörlich und genüsslich zwischen den Nummern anzündet. Aber das Zuviel scheint sein Credo zu sein. Er lässt sich und jeden seiner Lungenzüge feiern. Die jungen Menschen schreien „MGK!“. Verstehen muss man das nicht.
Genauso wenig wie seine tiefgreifende Kritik am Internet. Die ist sozusagen das inhaltliche Leitmotiv seiner Show. Die Band haut einen Hit nach dem anderen raus: „bloody valentine“, „papercuts“ oder „el Diablo“ zeigen Kellys musikalische Bandbreite, die sich irgendwo zwischen poppigem California-Punk-Rock und seichtem Hip-Hop mit Crossover-Elementen einordnen lässt. Das Internet allerdings, es sei ganz schön gemein und böse, versucht er dem Publikum immer wieder einzubläuen. Verkörpert wird das `Problem Internet´ mithilfe einer riesigen Roboter-Statue, die mit ihren Haken-Händen versucht nach der Band zu greifen. Am Ende schafft sie das nicht. Natürlich nicht. Bei „9 lives“ verlassen Kelly und seine Band die Bühne. Ein Happy End, es gibt es also doch.
Erschienen in der Kölnischen Rundschau