Konzert-Tipps Mai ‘23 (Köln)
Dave Bixby
Folk/Rock. Boah. Dieser umgangssprachliche Ausdruck ist ein Ausruf des Staunens. So steht es im Duden. Und kein anderer Ausdruck trifft es besser, hört man die Lieder des aus Rockford/Michigan stammenden Singer-Songwriters Dave Bixby. Wenn er beispielsweise „He came to me / And said He’d set me free“ singt, ist es klar wie Kloßbrühe: Einfach mal so nebenbei kann man sie nicht hören. Damit ist nicht gemeint, dass es einer besonderen Anstrengung bedarf, seinen meist dreiminütigen Stücken zu folgen. Vielmehr hauen sie einen um, reißen sie einem den Stift aus der Hand, lassen sie einen aufhören am Glas zu nippen. Weil man ganz genau dabei zusehen will, wie Bixbys Songs einem unter die Haut bis zum Herzen kriechen. Warum sie das können? Genie-Theorien gibt es zuhauf, und ein Genie mag Bixby sein. Aber eines, das gelebt hat. Und wie: LSD-Trips, Depressionen, die Hinwendung zum aztekischen Gott Quetzalcoatl, Mitglied einer Sekte, völliges Nomadentum. Bixby ist ein Mensch der Extreme, darunter geht wohl nichts bei ihm. Deswegen kommt er nochmal nach Köln. (Jörg Klemenz)
Fr 05.05., JAKI, 20 Uhr
Kaufmann Frust
Post-Punk, Indie. Schon nach ein paar Minuten rufe ich zu meinem Bruder „Schalt ab, schalt bitte ab!“. Dabei war er doch gerade dabei, der Musik der vier Jungs aus Stuttgart intensiver nachzugehen. Warum ich ihn schon nach so kurzer Zeit gebeten habe, die Lautsprecher stummzuschalten? Ganz einfach: Weil sich die Lieder der Schwaben so anhören sollen, als höre man sie zum allerersten Mal. Dann nämlich entfalten sie ihre ganze Schönheit. Ihre ganze Größe. Und dass die frustrierten Kaufmänner das Zeug zu etwas Großem haben, sei nur am Rande erwähnt. Texte, Sound und Instrumente verzahnen sich zu zeitlosen Stücken, mit denen zusammen man so gerne in den Ehrenfelder Morgen hineintanzen möchte. Soviel vorab: Das müsste klappen. Aber: Mademoiselle Melancholie, die wird mittanzen. Ganz sicher. (Jörg Klemenz)
Mi 10.05., Die hängenden Gärten, 20.30 Uhr
Las Robertas
Indierock, Pop. Manchmal, so zeigt die Erfahrung, braucht es für eine Band den einen magischen Moment, um weiterhin existieren und klingen zu können. Für Mercedes, Felipe, Russell, Daniela und Santiago hat es den vor einigen Jahren auf einer Kunstgalerie-Party mitten in San José, der Hauptstadt Costa Ricas, gegeben. Da nämlich trafen sie Owen Morris, den Produzenten von Oasis, The Verve und Co. Die Geschichte der fünf Freunde geht ab da an natürlich so weiter, wie sie weitergehen musste. Zumindest aus der Perspektive einer Drehbuch-Autorin. Heißt: Die Costa-Ricaner und der Waliser verguckten sich ineinander, und Schwups, ihr gemeinsames „Baby“ trägt seitdem den Namen „Love is the Answer“. Klar achtete Papa Owen darauf, dass seine berühmt-berüchtigten Gitarren-Gene bei seinem Frischling zur Geltung kommen, die auch schon The Dandy Warhols oder auch Mando Diao hatten. Doch: Mama Las Robertas drückte dem süßen Wonneproppen auch ihren eigenen Stempel auf. So hat beispielsweise der Song „Season of No Reason“ das Zeug dazu, das Blue Shell noch bunter er-strahlen zu lassen: „Where the colours shine“. Wunderschön ist das. (Jörg Klemenz)
Mo 22.05., Blue Shell, 20 Uhr
Palila
Indierock. Große Namen fallen immer wieder, wenn Konzert- und Plattenkritiker das Hamburger Trio versuchen einzuordnen. Da ist die Rede von den Smashing Pumpkins, Dinosaur Jr. oder gar von den legendären Pixies. Ganz soweit muss man nicht gehen. Nicht unbedingt jedenfalls, will man über die nackten Songs von Palila sprechen. Ja, okay, so ein bisschen hört man Jimmy Eat World in den Gitarren-Anschlagmustern der Hamburger. Und ja, okay, so ein bisschen schwingen die frühen Werke von Placebo mit, dreht man Songs der Norddeutschen wie „Evacuate“ oder „Electricity“ etwas lauter auf. Und ja, okay, so ein bisschen wie Franz Ferdinand…ach: was soll’s. Die alle spielen nicht auf der Venloer Em drügge Pitter. Palila dagegen schon. Oder um es mit den Worten eines Kollegen vom WDR zu sagen: „Die spielen tolle Songs.“ (Jörg Klemenz)
Mo 15.05., Em drügge Pitter, 20 Uhr
The Burning Hell
Indie, Folk-Rock. The Burning Hell hören sich irgendwie ein bisschen an wie das musikalische Pendant zu Monty Python’s Flying Circus. Die kecke Ukulele hüpft zusammen mit ihrer großen Schwester in den Songs der drei Neufundländer um die Wette, dazu ab und an ein paar echt niedliche Synthie-Programmierungen, die von einem kindlichen Bass und der guten alten Triangel umgarnt werden. Fertig ist „Bird Queen of Garbage Island“, eine der skurrilsten Nummern des Trios um Mathias Kom, der von einer renommierten kanadischen Zeitung als eine Mischung aus Randy Newman und Cole Porter umschrieben wird, richte er doch eines seiner Augen auf die Apokalypse, das andere auf den Hals seiner Ukulele. Wie dem auch sei: Ein wenig Zynismus hat noch keinem geschadet. Also hin zu The Burning Hell Flying Circus. (Jörg Klemenz)
Di 09.05., Gebäude 9, 20 Uhr
Unlock The Stillness
Groove, Ambient. Bei einigen Konzert-Tipps fließt der Text nur so aus einem heraus, bei anderen dauert das etwas länger, bis man die richtigen Worte denkt gefunden zu haben. Soll man jedoch ein Konzert des Duos Tsangaris und Krauthausen ankündigen, ist eine Schreibblockade nicht ausgeschlossen. Sprachskepsis macht sich breit. Sozusagen. Ob das nun ausschließlich an Tsangaris‘ phrasenhaftem Sprechgesang liegt, der sich, ähnlich wie bei Arnold Schwarzenegger, nicht zwischen dem Deutschen und Englischen entscheiden kann, oder an dem vor Tsangaris hängenden Backblech, das der gelernte Perkussionist als Crash-Becken umfunktioniert: völlig unklar. Aber wer exakt auf diesen Charakter des völlig Unklaren, auf surreale Klanglandschaften, ja, auf das Skurrile schlechthin steht: Willkommen in der Welt von Unlock The Stillness. (Jörg Klemenz)
Fr 26.05., King Georg, 20.30 Uhr