Pur - eine aufgeblasene Liebeserklärung an alles und jeden

Köln (kle) Man darf zu der Musik von Pur stehen, wie man möchte, aber: auch nach fast 40 Jahren wirken die Könige der Schlagerpop-Szene wie ein Magnet auf die Menschen. Die Lanxess-Arena jedenfalls ist an diesem Sonntagabend mit rund 18.000 Zuschauern bis auf den letzten Platz gefüllt. Als Frontsänger Helmut Engler dann um Punkt viertel nach acht zur besten Tatort-Zeit in seinem gewohnten Flanellhemd-Style im Rampenlicht erscheint und „Du umarmst mich / Und du wärmst mich / Das tut mir so gut / Ja, das tut mir so gut“ singt, hält es fast niemanden mehr auf den Sitzen. Oder anders ausgedrückt: alles beim Alten.     

Die Nummer „Keiner will alleine sein“ kommt mit viel Wums daher, das muss man den Schwaben schon lassen, und es ist nur mehr als fair, direkt im Anschluss durch ihre neue Single „Persönlich“ mit dem Motto des Abends bekannt gemacht zu werden: „Ich lieb‘ dich“. Gleicht das Konzert doch weite Strecken über wie eine aufgeblasene Liebeserklärung an alles und jeden. Kein Wunder also, dass sich auch beim Hit „Freunde“ Frauen und Männer gleichermaßen trunken vor Nostalgie in den Armen liegen, ordentlich mitschunkeln und „ich brauch' Dich und do mich“ mitsingen. Dass Pur auch ganz anders können, beweisen sie mit ihrem Song „Verschwörer“. Viele Freunde, Verwandte und Bekannte seien in den letzten Jahren in andere Welten abgedriftet, erzählt Engler. Recht hat er damit. Die Corona-Pandemie, sie kommt einem vor allem bei dem Vers „An die flache Erde und nicht an das Virus geglaubt“ noch einmal unangenehm nahe. Auch musikalisch ist das mal etwas anderes, werden die sonst so seichten Melodien der Band hier von instrumentalen Hardrock-Elementen abgelöst. Der Verschwörer-Typus tritt so noch einmal kraftvoller und absurder in Erscheinung.

Aber dann, ja, dann kommt sie wieder mit voller Wucht: die Liebe. Und Engler macht auch überhaupt keinen Hehl daraus, wenn er „Sie ist eine Kraft, die uns verzaubern kann“ ins Mikro flüstert. Da wissen die Millionen Singles Bescheid, wenn sie tagtäglich bei Tinder und Co. auf der Suche nach ihr verzweifeln. Diese Geschichte wäre doch mal einen Songtext wert. Aber solche Fässer öffnen die Württemberger nun mal nicht, sie verharren lieber in ihrer Welt, in der so oft die Rede ist von „Schicksal“, „Träumen“ und „Wünschen“. Manchmal wird einem ganz schön schummrig bei all dieser weichgespülten Rhetorik von „Seiltänzertraum“, „Prinzessin“ und Co. Apropos: Wer heute Abend hofft, eine Prinzessin, Pardon, eine Frau auf der Bühne zu finden, kann lange suchen. Die gibt es auch nach so vielen Neubesetzungen innerhalb der Band nicht. Dafür gibt es mal wieder „Ich liebe dich“. Die Arena schreit es lauthals heraus.

Emotionaler Höhepunkt des Auftritts ist definitiv das Lied, das auch stets das Lieblingslied seiner mittlerweile verstorbenen Mutter gewesen sei, erzählt Hartmut Engler: „Wenn sie diesen Tango hört“. Melancholie macht sich breit auf den Rängen, richtig still ist es, und am Ende kann Engler seine Tränen nicht mehr zurückhalten. Zum Schluss kommen noch die „Indianer“, die seien Kindheitserinnerungen, betont Engler. Natürlich. Und, na klar: „Ich lieb’dich (egal wie das klingt)“.


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