Bryan Adams rast mit Ruhe durch vier Jahrzehnte Rockgeschichte
Oberhausen (kle) Ordentlich aufgestellte Stuhlreihen im Innenraum einer fast ausverkauften Oberhausener Konzertarena irritieren – jedenfalls, wenn sich an diesem schwülen Sommerabend der Meister des schnittigen Powerrocks höchstpersönlich die Ehre geben wird. Und so warten die rund 10.000 Kinder der 80er und 90er an der wohl dicht gedrängtesten virtuellen Bushaltestelle der Welt (Cadman Plaza East / Downtown Brooklyn, NY) aufgeregt darauf endlich von der kanadischen Rocklegende abgeholt zu werden.
Der Bus fährt pünktlich ein, das erste Zwischenziel „One Night Love Affair“ lässt die Stuhlreihen zerbersten und mehr als überflüssig zurück, die vorderen Reihen stürmen wuchtig Richtung Bühne, während sich die Bassdrum druckvoll in den Solarplexus zu schieben scheint. Ohne Stopp geht es rastlos weiter: „Can`t Stop This Thing We Started“. Bryan Adams, von einer senfgelben Les Paul umschlungen, schrammt kraftvoll in die Saiten, rennt sportiv von einer Bühnenseite auf die andere und nimmt dabei mit seiner unvergleichlich kratzigen Stimme und „Run to You“ unaufhaltsam Fahrt auf wie ein nicht aufzuhaltender Meteorit. Doch dann wird das Tempo gedrosselt, die Rockballade „Heaven“ lässt die Zuschauer im Orbit kreisen: Der außer Kontrolle geratene Himmelskörper bremst ab, Mickey Currys zart schleppende Triolen, sie sind eine rhythmische Provokation der Langsamkeit, Keith Scotts Individualkünste in „It’s Only Love“ repräsentieren temporär einen musikalischen Zeitgeist der nicht enden wollenden Gitarrensoli.
Nicht enden möchte während dieser Reise zurück in die berühmt verblümte Vergangenheit der Rockersensibilitäten das schrill schreiende Aufleuchten des überdimensionalen Hintergrundbildschirms, der immer wieder aufs Neue - Song für Song - mit mal konkreten, mal abstrakten Bildern gespeist wird. Nur bei „When You’re Gone“ bleibt das Ding aus: Eine Oase der Ruhe für die Augen.
Für die Ohren allerdings gibt es bis zum Schluss das volle Programm samt einigen hitverdächtigen Nummern der aktuellen Platte „Shine A Light“. Und am Ende scheint es fast so, als ließe Adams die schon längst zerfallenen Stuhlreihen des Innenraums noch einmal selbst sprechen: Endstation „I Fought The Law“.