„Die Beach Boys geben mir ein Gefühl von Sorglosigkeit“

Düsseldorf (kle) „Suche Karte“. Nur diese kurze Information steht auf dem kleinen Pappschild, das Jörg Dudel (57) kurz nach halb acht dicht an seine Brust hält, während die meisten der 2500 Konzertgäste schon längst ihren Sitzplatz in der fast ausverkauften Mitsubishi Electric Halle eingenommen haben. Er hat Glück, ein Vertreter der lokalen Zeitung nimmt ihn mit hinein in das Mekka der Surfmusik. 

Die Beach Boys gehen dann auch sofort in die Vollen, spielen fünf Songs ohne Unterbrechung, mit dabei „Do It Again“ und einer der meist gespielten Partyhits seit den 60er Jahren „Surfin USA“. Von den ursprünglichen Gründungsmitgliedern einer der erfolgreichsten Pop- und Rockbands der 60er und frühen 70er steht heute Abend nur noch Mike Love auf der Bühne, der zusammen mit Bruce Johnston (seit 1965 Mitglied der Band) und der restlichen Band die Hitmaschinerie antreibt. „Then I Kissed Her“. Sofort entstehen Bilder im Kopf, vielleicht war es das erste Händchenhalten, vielleicht der erste Kuss, man weiß es nicht, aber die Gesichter der Zuschauer - durchdrungen von Glückseligkeit - lassen so etwas vermuten.

Die Musik, das findet auch Konzertbesucher Manfred Heppner (68), stehe für ihn an diesem lauen Sommerabend im Vordergrund. Dass die beiden in die Jahre gekommenen Herren Love und Johnston nicht mehr in der Lage seien Kunststücke aufs Parkett zu legen sei offensichtlich, störe ihn aber nicht weiter, fabuliert er und wirft dennoch damit einhergehend unverblümt die Frage in den Raum, wann wohl der richtige Moment gekommen sei aufzuhören. 

Die Beach Boys jedenfalls haben zu diesem Zeitpunkt noch nicht daran gedacht aufzuhören und singen a cappella „Their Hearts Were Full Of Spring“ - wunderschön. Das sagen sie auch des Öfteren zu ihren eigenen Songs: „Great Song“, „Beautiful Song“. Sie scheinen auch noch nach über 50 Jahren von der Magie ihrer Melodien und Harmoniefolgen angetan zu sein. Genau wie das Publikum. Verständlich ist das, denn man träumt sich weg, und das auch mithilfe der „heißen Girls“, die sich während „California Dreamin‘“, „Kokomo“ und „Here Comes The Sun“ auf der Hintergrundleinwand im Sand von Honolulu suhlen. 

Latent unangenehm verzückt ist auch die 21-jährige Leonie Berger aus Essen, die in der Pausenviertelstunde mal schnell frische Luft schnappen möchte. Sie habe sich so sehr auf dieses Konzert gefreut, gefreut auf ein paar Stunden Sorglosigkeit. Trotzdem - sie senkt ihren Kopf - sei sie enttäuscht darüber, dass so wenig getanzt werde.

Bewegung ist bei der Band allerdings kein großes Thema - der Schlagzeuger macht mit seiner körpereigenen Dynamik einiges an Stillstand wett - gegen Ende des Auftritts trauen sich immer mehr der 2500 zu den sommersonnigen Gitarrenriffs der Beach Boys zu tanzen. Und nach fast drei Stunden beschwipstem „Fun, Fun, Fun“ gehen die Lichter an und die Türen auf. Willkommen zurück im Leben.  

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