Alligatoah macht jetzt ein bisschen Heavy Metal
Köln (kle) Ach, was könnte man alles schreiben über Lukas Strobel alias Alligatoah, den bekannten deutschen Rapper, Songwriter und Alleinunterhalter aus Niedersachsen, der gestern Abend für rund 11000 Fans im Rahmen seiner „Out Of Office“-Tour in der Kölner Lanxess-Arena ein Konzert gab: Ein Phänomen in der deutschen Musiklandschaft sei der selbernannte Schauspiel-Rapper, ein Satirekönig vor dem Herrn sei er, das Beste, was es derzeit auf Live-Bühnen zu sehen gäbe, und so weiter. Dabei war es doch vor fast genau zwei Jahren mit seiner Karriere an gleicher Stelle zuende, dachte man. „Tschüss Köln, das war’s“, rief er damals ins Mikro, löschte kurz darauf sämtliche Inhalte seiner Social-Media-Kanäle, galt auf allen Plattformen als „ein deutschsprachiger Musiker“, der mal gewesen ist.
„Wenn du denkst, du denkst, dann denkst du nur, du denkst“: Das sang mal Juliane Werding. Vielleicht hatte sie ja beim Songwriting ihres Hits solche öffentlichen Inszenierungen wie die von Alligatoah vor Augen. Wer weiß. Jedenfalls fällt eben der, nein, pardon, eine Alligatoah-Puppe dann pünktlich zur Tagesschau-Zeit mit einem lauten Wums von oben auf die Bühne, die als Büro fungiert: Hier ein Schreibtisch samt PC, da ein paar Aktenregale, daneben noch ein Alibi-Pflänzchen für den grünen Blick. Dass Monsieur Strobel diesen Stunt natürlich nicht selbst wagt, versteht sich von selbst. Der wahrhaftige Alligatoah kriecht schließlich unterm Schreibtisch hervor wie ein schon längst Totgeglaubter und ruft „Hier bin ich aus dem Ruhestand zurück!“. Die Elftausend jubeln dem Fusion-Messias, bei dem neuerdings Metal-Riffs auf Hip-Hop-Beats treffen, in ohrenbetäubender Art zu. „Stay in touch, stay in touch“, singt Alligatoah. Dabei klingt sein Gesang temporär nach Grunzen, ein anderes Mal wie Schmerzensschreie. Extremer Gesang ist nun mal ein Merkmal des Heavy-Metal. Doch dahinter steckt meist eine ausgefeilte Stimm-Technik. Alligatoah muss wohl vor seinem Auftritt diese Gesangs-Technik intensiv eingeübt haben. Denn: Anders kann man sich nicht erklären, wie der Böhmermann des Raps diesem gesanglichen Stilbruch so professionell hätte begegnen können. Bedient er sich doch vor allem in den ersten Nummern seiner Show – z.B. „Niemand“ oder „Weisse Zähne“ - des sogenannten Shouting. Und die vorher noch so unschuldig umherlaufenden Büroangestellten in Sakko, Krawatte und Lackschuhen entpuppen sich als Nu-Metal-Band. Ein bisschen erinnert die Szenerie an die Gremlins, die kleinen süßen Zwerge, die sich nach Mitternacht in kleine Mönsterchen verwandeln. Erst leckt Strobel die Teile der Büroeinrichtung lasziv-freudig ab, dann schlägt er sie während dieser reizüberfluteten Crossover-Persiflage mithilfe eines Baseball-Schlägers und seiner eigenhändigen Kraft sukzessive in Stücke. Zu all dem ein entfesselter Moshpit. Fazit: Alligatoah ist wieder da. Unüberhörbar. Unübersehbar.