Die neue Serie „Der Herr der Ringe: die Ringe der Macht“: etwas weniger Pathos bitteschön

Düsseldorf (kle) Etwas mehr nun als 20 Jahre ist es also her, dass es Frodo Beutlin zusammen mit seinem Kumpel Samweis Gamdschie schaffte, den einen speziellen Ring, um den es in der Heldenromanze „Der Herr der Ringe“ vornehmlich geht, im Feuer des Schicksalsbergs zu vernichten. Am Ende der über zwölfstündigen Monumentalverfilmung stand den Zuschauern nicht nur der Schweiß auf der Stirn, sondern auch die Frage ins Gesicht geschrieben, warum es sich im Titel des Epos eigentlich um Ringe handelt. Die beiden Bewohner des Auenlandes tragen doch schließlich immer nur den einen Ring bei sich. Kurze Narrative im Mantel der Andeutung oder der Rückblenden gaben dem Zuschauer im Kinosessel schon damals eine leise Ahnung davon, wie komplex die fiktiven geschichtlichen Hintergründe und Handlungsstränge in der Zeit vor dem sogenannten Dritten Zeitalter von Mittelerde aussehen könnten, die Tolkien in seiner Mythologie erschaffen hat. Für die meisten blieb es allerdings eine leise Ahnung. 

Wer sich noch erinnern möchte:  Entziehen konnte man sich in der Vorweihnachtszeit 2001 diesem Leinwand-Spektakel rund um den Kampf um Mittelerde nur schwer: „Die Gefährten“, der erste Teil der Filmtrilogie „Der Herr der Ringe“ nach dem gleichnamigen Werk von J.R.R. Tolkien feierte seine Kinopremiere. Die guten Sitzplätze in einem der Kinosäle unserer Republik waren heiß begehrt, nur mit Aufschlag zu bekommen und in den ersten Tagen sowieso nur denen vergönnt, die zum Teil tage- und nächtelang vor Filmstart in der Dezemberkälte vor den Lichtspielhäusern ausharrten. Der Fantasy-Hype erreichte dann in den Folgejahren 2002 und 2003 mit den Teilen zwei und drei seinen vorläufigen Höhepunkt, bevor schließlich „Der Hobbit“ in den Jahren 2012 bis 2014 eine zweite Welle der Elben- und Ork-Hysterie auslöste.

Und heute? Eine von Amazon produzierte Fantasy-Serie mit dem Titel „Der Herr der Ringe: Die Ringe der Macht“ startete um Punkt drei Uhr in der Früh des 2. September (MEZ). Eingefleischte Fans des „Herr der Ringe“ - Universums wurden schon seit 2019 durch geschicktes Marketing auf diesen Tag eingeschworen. Der genaue Inhalt des Prequels jedoch blieb weitestgehend nebulös. Also: Viel Raum für Spekulationen. Viel Zeit für Vermutungen. Die Gerüchteküche an der Fanbasis brodelte. Aber dann: Drei Uhr. Fernseher an. Zarter Choralgesang ist zu hören, kurz darauf eine seichte Frauenstimme, die sagt: „Nichts ist von Beginn an böse und es gab eine Zeit, da war die Welt noch so jung, dass sie noch keinen Sonnenaufgang gesehen hatte. Aber selbst da war Licht.“ Der Anfang. So unendlich viel Ruhe und Drama zugleich. Und dieses Muster, es wirkt wie ein inszenatorisches Leitmotiv für die kommenden 60 Minuten. Die großen Fragen des Daseins werden mir nichts, dir nichts angerissen: Da ist Galadriel, Elbin und Hauptprotagonistin der Erzählung, sie markiert in heroischer Entschlossenheit den Kampf gegen das Böse - „Das Böse schläft nicht, es wartet. Und im Augenblick unserer Selbstgefälligkeit blendet es uns“ -, zu all dem herzzerreißende Streicher in Moll. Da ist die Figur der Elanor Brandyfoot, ein junges Mädchen und eine der sogenannten Harfoots, die sich, wie einst Frodo und Bilbo Beutlin, nach Abenteuern sehnt, sich aber nicht danach sehnen soll, denn das sei nur etwas für wirklich Große und Starke, so ihre Mutter. Das irische Folklore-Flötenspiel im Hintergrund macht diese Sicht der Dinge nicht schöner. Und da ist der Elb Arondir, der sich um die in Schlamm und Schmutz dahinlebenden Menschen sorgt. Er liebt die Heilerin Bronwyn und sie liebt ihn. Doch ihre Liebe wird nicht einfach sein. Diese Vermutung drängt sich auf. So wie sich beinahe alle Sprachebenen des Filmes übergriffig verhalten in der ersten Stunde der neuen Fantasy-Realserie von Amazon Studios: Die wuchtige Bildsprache lässt wenig Raum für die eigenen Bilder im Kopf, die Sprache der Symbolik und der Andeutung ist so plump, dass sie einem den letzten Nerv rauben kann - „Der Himmel ist eigenartig“ - und die religiös-mythologische Sprache, sie bringt am Ende das Fass dessen, was ertragen werden kann, zum Überlaufen.

Die Figuren um Galadriel, sie werden durch das Schicksal miteinander vereint. Nichts Neues also in Mittelerde. Doch ob dadurch eine weitere Elben- und Ork-Hysterie ausgelöst wird, sei dahingestellt. Aber: Die Hoffnung auf ein bisschen weniger Pathos, sie stirbt zuletzt.       

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