Der Keramikmarkt geht Menschen und Dingen auf den Grund

Grevenbroich (kle) Das Museum der Niederrheinischen Seele gehe Menschen und Dingen auf den Grund. So steht es auf der Internetseite der Villa Erckens.

Am letzten Samstag-Nachmittag tat sie das mal wieder, denn: In der Villa öffnete der Keramikmarkt für ein paar Stunden seine Pforten. Verschiedene Ausstellerinnen und Aussteller aus der Region zeigten unterschiedliche Brenn-Techniken und Produkte ihrer facettenreichen Keramikkunst, die zum größten Teil auch zum Kauf angeboten wurde.

Da ist zum Beispiel Heike Delvos, die auf ihre handgemachten Glasperlen aufmerksam macht. Die kleinen Kugeln, die etwas verloren auf dem viel zu großen Ausstellungs-Tisch und den selbst hergestellten Keramik-Tellern herumliegen, sehen auf den ersten Blick wie Bon-Bons aus. Erst bei näherer Betrachtung erkennt man die feinen Strukturen und das farbliche Spektrum der kleinen Perlen. In ihnen steckt ganz schön viel Liebe.

Ganz schön viel Liebe steckt auch in den Kunstwerken von Ulrike Metzen. Aber nicht nur viel von der, sondern auch ganz schön viel: Tiefe. Liegen da doch beispielsweise drei Menschen, die aussehen wie etwas zu groß geratene Spielfiguren, über einer bauchigen Vase und schauen in deren dunkle Tiefe. Viel Raum für komplexe Deutungen: In was genau schauen die Personen hinein? Am Ende sogar vielleicht in ihre eigenen seelischen Abgründe? Frau Metzen möchte sich an derartigen Interpretationen ihres Keramik-Handwerks nicht beteiligen, sie bleibt authentisch trocken: „Na, sie schauen in die Vase.“ Wer es glauben möchte.

Die Entspannungs-Therapeutin Annelore Ruhnke mischt sich ambitioniert in die Tiefen-Diskussion ein und fasst ihre ganz persönliche Sichtweise zum Thema „Tiefe“ so zusammen: „Wie die Vase nun gedeutet wird, hängt doch von der Perspektive des Betrachters ab.“ Apropos Perspektive: Lassen die zwei grünen Keramik-Köpfe ohne Augen, die auf dem Tisch vor Ruhnke auf jeweils einem Holzscheit aufgespießt aufgebahrt stehen, ebenso viele Deutungs-Sichtweisen zu. Darüber hinaus weist die Oberfläche der Köpfe auffällig viele Rissstrukturen auf. Reflexartig berührt man sie mit den Fingern. Das Geheimnis der Strukturen: die Raku-Brenntechnik. In stoischer Gelassenheit erläutert Ruhnke den Besuchern, was hinter dieser Technik steckt. „Raku ist eine spezielle Brenntechnik keramischer Massen, die in Japan entwickelt wurde.“ Die Keramikstücke würden bei Temperaturen um 1000 °C aus dem Ofen entnommen, dabei dringe Kohlenstoff durch Haarrisse und lagere sich so im Ton ein. Jedes Stück sei daher ein Unikat. Das Ergebnis jedenfalls ist faszinierend. Der Keramikmarkt in der Villa Erckens „geht Menschen und Dingen aus der Region auf den Grund“. Wie wahr. 


Zurück
Zurück

Hofesh Shechter - tanzen jenseits der Grenzen von Physik

Weiter
Weiter

Den Holocaust mit der eigenen Brille betrachten