Taylor Hawkins auf meiner Bettkante

Köln (kle) Taylor Hawkins ist tot. Fast eine klassische Nachricht: Leblos aufgefunden in einem Hotelzimmer in Bogotá. 50. Über die Todesursache erfahren wir nichts. Er hinterlässt Frau und Kinder. Die Bestürzung in der Musikwelt ist enorm.

Meine ist das auch. Dabei habe ich ihn persönlich nicht gekannt. Bin ihm realräumlich nie nahe gewesen. Und dennoch: Ich sitze auf meinem Balkon. Betrachte die wenigen Wolken, die vorbeiziehen. Ein Sonnenbrand ist möglich. Definitiv. Um mich herum: Botschaft des Todes versus Frühlingsidylle. In mir: Traurigkeit versus Aufbruchsstimmung. Perfekt. Befremdlich. Aus meinem Zimmer drückt Something From Nothing. Taylors Schlagzeugspiel. Heute vielleicht noch präsenter als sonst. Er sitzt auf meiner Bettkante. Der blonde Wirbelwind. Der, der den Song arrangiert, der, der sein Instrument erklingen, der, der es sprechen lässt. Das habe ich schon früh erkannt. Und alle, die mich kennen, wissen, dass es mir schwer fällt die folgenden zwei Sätze zu schreiben: Das habe ich schon früh bewundert. Ihn, sein Spiel, habe ich bewundert. Angebetet habe ich ihn nicht. Nein. Er ist weder meine Partnerin noch mein Sohn. Und trotzdem: Es ist etwas von mir gegangen heute Morgen. Ein Teil von mir. Das versuche ich zu begreifen. Zuzulassen. 

Das Schreiben darüber hilft. Vielleicht im therapeutischen, aber vor allem im kognitiven Sinne. Ist das nicht verrückt? Taylor Hawkins sitzt auf meiner Bettkante. Fantasie Deluxe. Klänge verstärken sie. Sie verfleischlichen sie beinahe. Jeder Becken-, jeder Snareschlag: Von Taylor eigenhändig gedacht, gespielt, gelebt. Und das Medium Platte bringt eben jene Gedanken, jenes Spiel, jenes Leben auf meine Bettkannte. Und er: Liegt tot im Hotelbett in Bogotá. Bizarr schön. Der Tod eines Menschen bizarr schön. Seine Frau soll das nicht lesen, seine Kinder sollen das nicht hören. Ich bitte Taylor von meiner Bettkante aufzustehen und mich heute ein Stück des Weges zu begleiten. But, Honestly. Ruhe in Frieden. Taylor Hawkins. 

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