Snoop Dogg in Kölner Arena: Manche Fans werden schnell müde
Köln (kle) Die Biografie von Calvin Cordozar Broadus Jr., besser bekannt als US-Rapper Snoop Dogg, liest sich wie die eines Original Gangsters. Pflastern doch Termini wie Handel mit Kokain, Gefängnis-Aufenthalt, Schießerei mit Todesfolge, Festnahme nach Randalen oder Waffen- und Marihuana-Besitz seinen Lebenslauf. Im Rahmen seiner aktuellen Europa-Tournee gastierte der gebürtige Kalifornier gestern Abend in der Kölner Lanxess-Arena. Die Bude bei diesem einzigen Deutschland-Konzert war - na klar-Teil 1 - mit rund 15.000 Zuschauern bis auf den letzten Platz gefüllt. Und Fans des gepflegten Old School Westcoast-Hip-Hop reisten aus allen Ecken der Republik in die Rhein-Metropole, um den 150 Millionen US-Dollar schweren und bekennenden Konsumenten von Marihuana live erleben zu können.
Apropos: Der Qualm-Geruch dieser getrockneten Hanfpflanze zieht sich in dieser Nacht wie eine Art schwelendes Leitmotiv von der U-Bahn-Station der Arena bis hin in die letzten Reihen ihres Innenraums. Entziehen jedenfalls kann man sich diesen süßlichen Rauchschwaden nur schwer. Genauso wenig, wie man den Blick von Snoop Dogg lassen kann, der zu den Beats von „The Next Episode“ und unter tosendem Applaus lässig in einem dunkelblauen Pyjama die Bühne betritt. Bei all dem - na klar-Teil 2 - zieht er noch ein paar Mal an einem Joint, während er wie ein streunender Kater um die beiden Pole-Tänzerinnen, die er – na klar-Teil 3 - aus Long Beach mitgebracht hat und die sportiv an beiden Seiten der Stage ihre Stange immer wieder hoch- und heruntergleiten, herumtänzelt. Verruchtes Nachtclub-Feeling vom Allerfeinsten ist das. „Make some noise!“, ruft die Rapper-Legende alle fünf Minuten in sein Mikro. Und viele seiner Fans erwachen dann kurzzeitig wieder aus ihren Snapchat-, Tik-Tok- oder Instagram-Tätigkeiten, mit denen sie während der Show beschäftigt sind.
Die Leinwand-Einspieler bei Nummern wie „Bitch Please“ oder „Lodi Dodi“ sind - na klar-Teil 4 - nur so gespickt mit Rapper-Klischees: Springende und brennende Autos, fliegende Geldscheine, Knarren, die mal hier und mal dort jemanden erschießen, und Girls mit extrem viel nackter Haut. Die Frau: heute Abend degradiert zum Objekt. Der Mann: nimmt sich, was er haben will. Etwas innovativ Neues gibt’s da vorne also nicht zu sehen. Das alles ist ziemlich statisch, ziemlich billig, ziemlich langweilig. Und: manchmal auch ziemlich peinlich. Snoop Dogg berappt sein Leben im Schnelldurchlauf. Verzerrt, verherrlicht und ganz schön übertrieben wirkt vieles von dem.
Und während das einstige Mitglied der berühmt berüchtigten Crips-Gang bei „Wiggle“ so rhythmisch vor sich herplaudert, und die Pos der Tänzerinnen um ihn herumwackeln, was das Zeug hält, ermatten einige Zuschauer in den Reihen zusehends. Vielleicht sind sie des Gangster-Image-Dings überdrüssig. Wer weiß.
Am Ende jedenfalls – na klar-Teil 5 – tanzt und kifft sich der Hauptprotagonist des Abends bei der Elektro-Nummer „Sweat“ noch einmal so richtig warm, bevor sich schließlich dieser eine markant quietschende Ton von unvergleichlichem Wiedererkennungs-Wert aus den Lautsprechern presst und die komplette Arena zu „Jump Around“ bis fast unter die Decke springt. Gefühlt jedenfalls. Fazit: Kein großes Hip-Hop-Spektakel, eher ein Spektakelchen, viel Weed und ein Snoop Dogg, der nichts Neues zu erzählen hat.
Erschienen in der WAZ