US-Sänger Jason Derulo sorgt für Kreischalarm in Köln
Köln (kle) Als in der ausverkauften Kölner Lanxess-Arena am Samstagabend ein Countdown von exakt zehn Minuten auf der riesigen Leinwand erscheint, rennen die meist jungen Fans des aus Florida stammenden R&B-, Pop-Sängers und TikTok-Stars Jason Derulo, der mit Songs wie „Whatcha Say“ oder „Want to Want Me“ international berühmt wurde, nochmal flott aufs stille Örtchen.
Fünf, vier, drei, zwei, eins…Bäm, Bum, Bäng. Feuersbrünste schlagen aus dem Bühnenboden, bevor Derulo selbst in enganliegender Lederhose und rotem Samt-Jackett aus einem erhöhten Podest „herausgedrückt“ wird. Leise singt er „I was so wrong for so long“. Seine 16.000 Fans kreischen. Die Bühne wirkt wie ein wabernder und tanzender Ameisenstaat. Und mittendrin Jason Derulo, der König der Ameisen. Für alle, die auf R&B- und Hip-Hop-Klischees stehen - Getwerke hier, Getwerke da – ist das die reinste R&B-Milchstraße. Und eine Pause, die gibt es nicht. Derulo und seine Tänzerinnen und Tänzer werfen sich ins Zeug. Jede ihrer verrenkt-grazilen Bewegungen wird bejubelt. Die immer wiederkehrenden Tanzszenen für die Tänzerinnen allerdings haben atmosphärisch ein bisschen was von einer schmuddeligen Tabledance-Bar im tiefsten Montana. Breitbeinig ist mitunter die präferierte Stellung bei Nummern wie „Acapulco“, It Girl“ oder „Swalla“. Die Botschaft ist klar: Die Würde der Frau, was soll das bitteschön sein? Vielen Zuschauern im Publikum scheint die extreme Verdinglichung des weiblichen Geschlechts zu gefallen. Sie schreien, singen und filmen drauf los. Die Show insgesamt wirkt bis ins kleinste Detail durchchoreografiert. Jedes Grinsen. Jedes Wörtchen. Jeder Schweißtropfen auf Derulos Stirn. Authentisch gibt’s erst wieder in der Eck-Kneipe nebenan.
Trotzdem: Es gibt auch Momente, die musikalisch überaus stark sind. Vor allem dann, wenn der US-Amerikaner mit seiner Falsett-Stimme brilliert. In Sachen Dynamik und Range ist die unfassbar gut. Bei „Savage Love“ oder „The Other Side“ zeigt Derulo, zu was er stimmlich in der Lage ist.
Resümee: Erleben konnte man eine über weite Strecken reizüberflutete und perfekt inszenierte Gesangs- und Tanzshow mit teils frauen-verachtenden Tendenzen. Ein neuer King of Pop ist Derulo nicht. So viel steht mal fest.
Erschienen in der WAZ