Mit Funny van Dannen auf der Zugfahrt in die Hölle

Düsseldorf (kle) Eine Geschichte von Franz-Josef Hagmanns-Dajka alias Funny van Dannen geht in etwa so: Da ist der Hauptprotagonist und Johnny. Die beiden sind mit dem Zug „Übermut“ unterwegs und machen zu ihrer großen Überraschung Halt in der Hölle. Dort schließen sie Bekanntschaft mit dem Teufel. Ein großer Quiz-Fan sei der. Zudem liebe er Rock 'n' Roll. Am Ende der kurzen Story schaffen es die zwei Freunde, der Hölle zu entkommen. Nur Johnny, der sage seitdem anstatt „Höhle“ immer „Hölle“. Am Ende klopft ihm sein Kumpel auf die Schulter und sagt zu ihm: „Wenn es sonst nichts ist.“ Die Zuschauer biegen sich förmlich vor Lachen.

Und so oder so ähnlich geht das eine ganze Stunde lang munter weiter. Der niederrheinische Schriftsteller und Liedermacher liest ausschnittsweise aus seinen literarischen Werken, und das Publikum ist entzückt von Dillen, dem jungen Kerl, der nicht weiß, was Volksmusik ist, von Frau Stab, der alten Polizistin, die rachsüchtig und frustriert zugleich in völliger Selbstjustiz mit ihrem Gewehr und Sätzen wie „die sind hin. Saufendes Gesindel“ im Stadtpark mordend auf Streife geht oder von einem Hoden namens Ramona, der in einem Land vor unserer Zeit eine Art Vernunftehe mit einem freihängenden Penis eingeht, um Identität zu erlangen.

Wer von Dannens Texte kennt, weiß, dass sie durchtränkt von Ironie, Satire und derbem Zynismus sind. Dennoch: Den in Tüddern geborenen Texter hautnah auf einer kleinen Bühne erleben zu können, ist noch einmal etwas völlig anderes. Und alles beginnt unaufgeregt um kurz nach acht, als von Dannen in seinem dunkelblauen Sakko, das ihm zwei Nummern zu groß ist, wie ein alter Philosophie-Lehrer, der sich im Klassenraum verirrt hat, die Bühne des Zakk betritt und „Gott sei Dank kann ich heute Abend ohne Mütze auftreten“ ins Mikro säuselt. Die noch Sekunden vorher angeregt geführten Gespräche zwischen den etwa 500 Besuchern – „Hast du eigentlich schon sein neues Buch ‚Angst vor Gott‘ gelesen?“  - sind versiegt, Mittsechziger, die mit ihren dicken Seemanns-Pullovern einen gewissen Revoluzzer-Geist alter Tage in die Halle des Zakk hineingeschleppt haben, halten den Atem an. Ein paar wenige Punks mit Iros irgendwo dazwischen. Auch die sind still, weil sie wissen wollen, wie die Geschichte, in der der Sahnehering, dessen Schicksal in einem Zoo auf tragische Weise besiegelt wird, oder in der die gute deutsche Eiche dem Dixie-Klo ein bisschen Lebensmut zuspricht, zu Ende geht. Ein Tisch. Ein Stuhl. Und von Dannen selbst mit seinen Büchern. Mehr braucht es nicht. So schafft er es immer wieder, sich zuerst in Erzählungen absoluter Groteske und makabrem Witz heiß zu baden, um dann, Augenblicke später nur, aus der Wanne zu steigen und sich mit einem Handtuch namens „Absurdität unserer Alltagswelt“ genüsslich trocken zu rubbeln.

Allein van Dannen selbst nimmt sich nicht allzu ernst, das zeigen Äußerungen wie „ihr müsst nicht immer nach jedem Text klatschen“. Denn: Er als Lyriker sei mit der Gabe gesegnet, Stimmungen und Schwingungen auch ohne Applaus mitzubekommen. Und so applaudieren die Zuschauer nicht nach seinem Gedicht „Forelle“, in dem es heißt: „In guter Butter brutzeln sie, so laut waren sie im Leben nie.“ Nur ihre Lach-Tränen, die müssen sie sich von ihren Wangen wischen. Nach der Pause ist jede Träne wieder getrocknet, aus dem Schriftsteller von Dannen wird ein Sänger mit Akustik-Gitarre und Mundharmonika. Und: Fast scheint es, als presse der musikalische Rahmen seine Texte etwas stärker in die Ecke politischer Ernsthaftigkeit und klarerer Worte, wenn er von „dieser verdammten fatalen Affinität zu Gas“ oder von „Putin, Trump oder der Hamas“ singt, die man nicht abknallen dürfe, selbst wenn sie einsam am Rhein stünden und dessen Wasser tränken. Also, wenn es sonst nichts ist: Willkommen auf der dannen‘schen Zugfahrt in die Hölle.                  


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