Feine Sahne Fischfilet heben das „Palladium“ aus den Angeln

Köln (kle) Das wird ein heißer Ritt im ausverkauften Kölner Palladium vor rund 4000 Fans mit den fünf Jungs von Feine Sahne Fischfilet (FSF), könnte man annehmen, liest man über die Band aus Mecklenburg-Vorpommern doch Sätze wie „linksextremistische Band, von der Bestrebungen ausgehen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind“ oder „ein Konzert der Band musste unterbrochen werden, nachdem zuvor eine telefonische Bombendrohung bei der Polizei eingegangen war“.

In der Tat findet man viele T-Shirts unter den Zuschauern, die ein gewisses provokantes Geschmäckle mit sich tragen. Da steht zum Beispiel „Niemand muss Bulle sein“ oder „Zu dumm für Hamburg, zu hässlich für Berlin“. Dennoch ist die Stimmung freundlich. Und die meisten der vielen Mittdreißiger sind heute Abend sowieso nur aus einem Grund gekommen: um zu pogen. Fangen sie damit doch schon bei den beiden Songs „Bad Reputation“ von Joan Jett und „Halbstark“ von den Roten Rosen an, die aus den Lautsprechern dröhnen. Party, ohne dass der Haupt-Act überhaupt schon auf der Bühne steht. Das erlebt man selten. Das Gedränge und Gequetsche im Innenraum ist enorm und sieht – zugegeben – von der Empore des Palladiums betrachtet nicht unbedingt gesund aus. Die Menschenmasse bewegt sich wie eine Koralle, die sich von der Meeres-Strömung langsam und unkontrolliert hin- und herschaukeln lässt.

Schließlich fällt der Vorhang, Sänger Jan „Monchi“ Gorkow schreit „Es geht los, es geht los heute Nacht“, angetrieben von Schrammel-Gitarre, knöchernem Bass und einem Schlagzeug, das wie von der Tarantel gestochen spielt. Apropos: Monchi, der in seiner kurzen Glanzsporthose aussieht, als käme er geradewegs vom Sportunterricht, peitscht seine Fans an, indem er wie ein Flummi, der etwas zu heftig von einem kleinen Kind durch das Wohnzimmer geschleudert wurde, auf der Bühne hin- und herspringt. Sein Adrenalin kurz vor der Show muss ganz schön gedrückt haben. „Hey Köln, schön hier sein zu dürfen!“, krakeelt er, bevor er zusammen mit den Viertausend „Lasst uns schauen, was uns verbindet / Und nicht was uns trennt“ singt. Von wegen demokratiefeindlich. Oben auf der Empore wird bis zur Trance getanzt. Denn das kann man gut bei diesem Parolen-Punk, der mit seinen Bläser-Passagen und den (wenigen) Ska-Elementen so ein bisschen an Bands wie Rancid oder Slime erinnert. Auch wenn die Texte der Mecklenburger nicht immer von edlem Tiefgang geprägt sind: „Immer mehr, mehr, mehr / Stopfe alles in mich rein“.

Bevor am Ende das Palladium förmlich aus den Angeln gehoben wird und so richtig auf Pogo ist, positioniert sich Monchi noch glasklar gegen Antisemitismus und gegen die brutalen Abschiebungs-Maßnahmen der EU auf dem Mittelmeer. Fazit: Wer später in ohne Blessuren zu Hause ins Bett fällt, hatte zu wenig Sahne auf dem Fischfilet. Definitiv.


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