Doro Pesch entfacht ein Heavy-Metal-Höllenfeuer

Düsseldorf (kle) Beginnen kann man mit den beiden jungen Fußballerinnen Mia und Hanna vom Düsseldorfer Frauenfußball-Team DJK TUSA 06. Die und ihre Mannschaftskolleginnen nämlich irren kurz vor Konzert-Beginn in ihren schwarzen Verein-Trikots durch das Entrée der Mitsubishi Electric Halle. Auf Nachfrage hin erklären die beiden Nachwuchs-Spielerinnen, Dorothee Pesch alias Doro – die Hauptprotagonistin des heutigen Abends – habe sie und den Rest der Truppe zu ihrem 40-jährigen Bühnen-Jubiläums-Konzert eingeladen. Der Grund dafür ist ganz simpel: „Doro hat uns im Sommer unsere neuen Trikots gesponsert. Sie mag den Fußball, den wir spielen“, sagt Mia etwas schüchtern. Auf ihrem Jersey ist klar in weißer Schrift das Doro-Logo und der Titel ihres neuen Albums „Conqueress - Forever Strong And Proud“ zu erkennen. Ansonsten dominieren eher schwere Lederjacken und sogenannte „Metal-Kutten“ mit Aufnähern bekannter Bands wie Iron Maiden, Motörhead, aber auch Joy Division die weiten Flure der bis auf den letzten Platz ausverkauften Halle. Ein paar der weiblichen Fans sehen Doro, die auch als die „Queen of Metal“ bezeichnet wird, verblüffend ähnlich. Die düster klingenden Gitarren-Riffs der Vorband Grave Digger quetschen sich währenddessen wie Zahnpasta durch die schmalen Türen in die Eingangshalle hin zu den Popcorn-Ständen. Und: Auf der Sitzplatz-Tribüne herrscht Chaos, haben einige Metaller doch ohne Scheu die Plätze „gestürmt“ und für die eigentlichen Karteninhaber nicht mehr freigegeben. Das Sicherheitspersonal, so berichteten Zuschauer, sei mit der Situation überfordert gewesen und habe sich ohne größeren Widerstand zurückgezogen.

Zurückgezogen hat sich Boxerin Regina Halmich nie. Daher betritt sie zur besten Primetime in einem hautengen Glitzer-Kleid die Bühne, wünscht allen Anwesenden „einen super Abend“ und „eine große Party“ zusammen mit ihrer guten Freundin Doro. Denn: Insgesamt vier Einzugs-Hymnen hat Pesch für Halmich geschrieben. Der eine kratzt sich am Kopf, die andere fragt „Was macht die denn hier?“, da ist die ungeschlagene Box-Weltmeisterin aber auch schon wieder verschwunden. Und nach ein paar netten Leinwand-Einspielern berühmter Rocklegenden wie Klaus Meine von den Scorpions, Tommy Thayer von Kiss oder Rob Halford von Judas Priest, die Doro alles Gute zu ihrem Jubiläum wünschen, geht es endlich los: Die Band samt Flying V-Gitarre, Double Bassdrum und Feuerfontänen verwandeln die Electric-Halle von Sekunde eins an in ein wahrhaftiges Heavy-Metal-Höllenfeuer. Doro streckt ihr Mikro mit voller Wucht den vorderen Reihen entgegen. Alle singen „I rule the ruins / With passion and pain“. Das alles ist pure Power, und irgendwie merkt man der gebürtigen Düsseldorferin mit ihrer berühmten blonden Mähne und ihrem dunklen Lidschatten sofort an: Hier fühlt sie sich wohl. Hier fühlt sie sich zu Hause. Heimspiel Doro Pesch. Dass sie im Verlaufe der gesamten Show in ihren Ansagen immer mal wieder zwischen Englisch und Deutsch hin- und herspringt, Dinge wie „You are the most important thing of my life“ sagt und hierbei mit „thing“ ihre Fans meint, ist für die eine oder den anderen zeitweise etwas irritierend und zudem unnötig, müsste sie doch in ihrer Heimatstadt eigentlich nicht die mondäne Rockerin aus New York City heraushängen lassen. Aber sei es drum. Ihr Publikum und auch ihr privater Freundeskreis sind eben sehr international.

Trotzdem: Wenn Doro ein ums andere Mal ihre Anhängerschaft mit immer denselben Sätzen – „Geht es euch gut?“ oder „Habt ihr Bock auf Heavy-Metal?“ – anzuheizen versucht, wirkt das manchmal zu sehr nach Teleprompter, zu abgelesen irgendwie. Ihre Stimme allerdings, die muss man mögen, hat man bei ihr doch das Gefühl, da läge eine Murmel auf ihrem Kehlkopf. Eine Murmel, die sie wohl gleich herauswürgen müsste, meint man. Aber falsch gedacht: Die Murmel, die bleibt. Basta. Denn Doros latente Gurgel-Stimme, die stark an die von Bruce Dickinson erinnert, ist ihr Markenzeichen, genau wie auch ihr fransiges Kunstleder-Outfit. Pesch ist bekennende Vegetarierin.

Ob sie das schon immer war, ist unklar, „Für immer“ dagegen, einer ihrer wenigen Songs auf Deutsch, hat wohl gute Chancen, als emotionalster Ohrwurm des Abends durchzugehen. Doro jedenfalls muss dafür nicht viel tun. Läuft die Nummer doch wie von selbst, wie geschmiert sozusagen. Und ihre Verse kleben sich verkitscht an die Wände der Hallen-Katakomben.  „Ich würd' mein Leben für Dich geben, immer / Werden alles übersteh'n, für immer“. Apropos: Nicht alle Besucher überstehen gleichermaßen diesen zelebrierten Metal-Hymnen-Pathos. Gehen einige von ihnen doch viel zu früh. „Danke für alles, Doro!“, sagt am Ende des zweieinhalb-stündigen Metal-Marathons noch Gitarrist Mille Petrozza, einer der unzähligen Gastmusiker, den Doro für ihre Geburtstags-Nacht eingeladen hat. Da schließen wir uns doch an und fügen ergänzend hinzu: „All for Metal“. 


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