The Analogues - über berechtigte Träume, stilvolle Mäuse und Beatles-Momente fürs Leben
Düsseldorf (kle)
Lieber Bart. Danke, dass du dir heute Zeit für die Rheinische Post nimmst.
The Analogues, eine niederländische Tribute-Band der Beatles. Spektakulär klingt anders. Erst einmal zumindest. Warum sollten wir dieses Gespräch deiner Meinung nach hier und jetzt denn weiterführen?
Das stimmt. Es gibt tausende von Beatles-Coverbands. Die meisten von denen spielen aber die frühen Nummern der Beatles. Daher haben wir uns gefragt: Wie kann man das anders machen? Uns war vor allem wichtig, nichts auf der visuellen Ebene zu kopieren, sprich nicht so auszusehen wie die Beatles. Wir wollten einfach nur so nah wie möglich an ihren Sound kommen, so klingen wie sie. Und: Wir wollten die Alben der Beatles spielen, die sie selbst nie vor Publikum aufgeführt haben. Also ihre späteren Studiowerke ab 1966, von „Revolver“ über „Magical Mystery Tour“ bis hin zu „Let It Be“.
Hand aufs Herz: Wer von euch hätte gedacht, mit The Analogues jemals in die „Live-Fußstapfen“ der wohl legendärsten Band, die es je gegeben hat, zu treten?
Es fühlt sich nicht so an, da wir am Ende des Tages einfach nur schon vorhandene Songs kopieren. Allerdings in unserem Stil. Und zu dem gehören definitiv auch die Amps, Orgeln, Drums und Pianos, die auch schon die Beatles verwendet haben. Aus materieller Sicht könnte man also schon von Fußstapfen sprechen, in die wir getreten sind: Die Beatles hörten 1966 auf live zu spielen. Und wir führen das seit 2014 weiter fort.
„Ich möchte mich im Namen der Gruppe und uns selbst bedanken - und ich hoffe, wir haben das Vorspielen bestanden.“
Weißt du, von wem dieses Zitat stammt?
Klar weiß ich das. Die Beatles spielten im Winter 1969 zum letzten Mal in der Öffentlichkeit ein Konzert auf dem Dach der Abbey Road Studios in Liverpool. Und John Lennon hat am Ende dieses Auftritts genau das gesagt, kurz bevor er zusammen mit Paul McCartney und George Harrison die Gitarren ablegte.
Stimmt genau. Das legendäre Rooftop-Konzert am 30. Januar 1969 war für die Beatles ihr letzter öffentlicher Live-Auftritt. Schon einmal darüber nachgedacht, selbst ein Rooftop-Konzert zu spielen?
Wir haben schon mal darüber nachgedacht. Aber mittlerweile gibt es so viele Bands, die in allen Städten der Welt auf allem spielen, was auch nur im Entferntesten wie ein Dach aussieht, dass es eigentlich nichts Besonderes mehr für uns und für die Zuschauer wäre. Ein Konzert auf dem Dach der Abbey Road Studios zu spielen und genau da zu stehen, wo auch die Beatles 1969 standen, wäre natürlich etwas anderes und unbeschreiblich schön, aber das bleibt wohl ein Traum.
Apropos Abbey Road: Dieses Album habe ich zum ersten Mal mit 4 Jahren auf dem Rücksitz unseres alten Opel Kadett zusammen mit meiner Mutter lauthals mitgesungen. Dieser Moment hat mich geprägt. Welchen Beatles-Moment nimmst du mit in dein Grab?
1967 veröffentlichten die Beatles ihre EP „Magical Mystery Tour“. Am Tag der Veröffentlichung war ich zu Besuch bei meiner Oma in Maastricht. Dort rannte ich sofort in den nächsten Plattenladen und kaufte mir das Album. Aber: Ein Abspielgerät für Schallplatten besaß meine Oma früher nicht, sondern nur ein normales Radio. Ich hatte also die neue EP der Beatles, konnte sie mir aber zunächst gar nicht anhören. Deshalb las ich die ersten Verse von „Magical Mystery Tour“ - „Roll up / That's an invitation / Roll up for the Mystery Tour“ - und schuf mir meine eigene Melodie dazu im Kopf. Als ich zwei Wochen später nach Hause kam, die EP abspielen und mir zum ersten Mal den Song anhören konnte, klang die Nummer natürlich ganz anders. Welch positive Überraschung. Diesen Moment werde ich nie wieder vergessen.
Am 12.10. kommt ihr für ein Konzert auch nach Düsseldorf in die Mitsubishi Electric Halle. Das ist eine ziemlich steile Karriere-Kurve, bedenkt man, dass es 2014 bei euch mit zwei Mäusenestern in einer Lowrey Heritage Deluxe-Orgel begonnen hat.
Das stimmt. *Lachen* Damals war ich auf der Suche nach einer Lowrey-Orgel. Dazu muss man wissen: Das sind typisch amerikanische Orgeln. Hier bei uns in Holland findet man so gut wie keine Lowreys. Man kann sich also vorstellen, wie lange die Suche nach der richtigen Lowrey-Orgel, die auch die Beatles benutzten, gedauert hat. Irgendwann jedoch fand meine damalige Freundin die Orgel bei Ebay. Ich gab ein Angebot ab und ersteigerte sie schließlich für unglaubliche 195 Dollar. Für so eine Orgel ist das so gut wie nichts. Aber was soll’s. Ich war der einzige Bieter. Am Ende kam die Orgel mit dem Schiff von Amerika zu mir nach Holland. Und der Orgelspezialist, zu dem ich die Lowrey dann brachte, fand zwei Mäuse-Nester in den Röhren der Orgel. Stilvoller kann man eigentlich nicht wohnen.
Über euren Schlagzeuger Fred Gehring weiß man, dass er in seinem vorherigen Leben in der Chef-Etage von Tommy Hilfiger saß und damit sein Geld verdiente. Diesen Job allerdings hat er mit 60 an den Nagel gehangen und tourt seit nunmehr 8 Jahren mit The Analogues durch Europa.
Was haben die anderen von euch für The Analogues an den Nagel gehangen?
Ach, so krass wie bei Fred ist es bei uns anderen nicht gewesen. Denn wir waren auch schon zuvor professionelle Musiker. Und wir spielten in ziemlich unbekannten niederländischen Bands. Im Prinzip gaben wir 2014 nur unsere alten und nicht allzu erfolgreichen Musik-Projekte für The Analogues auf. Die Aussicht auf regelmäßige Konzerte und dem damit verbundenen Gefühl, musikalisch und beruflich nochmal so richtig Gas geben zu können, war für uns genial. Und jetzt gibt es uns schon seit fast zehn Jahren. Auch das Privatleben ist mit The Analogues gut vereinbar, weil wir nicht irgendeine Superstar-Band sind, die das ganze Jahr auf Tour ist und nur aus dem Koffer leben muss.
Hast du manchmal das Gefühl, viel mehr die Personen Mc Cartney, Lennon, Harrison und Starr zu sein, als in deiner eigenen Haut zu stecken?
Haut ist ein gutes Stichwort, denn ja: unter die Haut geht unsere Arbeit manchmal. Vor allem, wenn man die Songs der Beatles singt. Das berührt mich ganz oft. Und das sollte es auch im Idealfall. Ich singe zum Beispiel die Nummer „I Am the Walrus“. Währenddessen denke ich sehr stark an John. Er ist mir dann sehr nah. Natürlich gibt es so konkret keine direkte Vorgabe für uns, wie wir gesanglich einen Song imitieren wollen, geschweige denn müssen. Zunächst ist da unser eigener Stil. Aber trotzdem studierst du zur Vorbereitung Johns, Pauls oder Georges Gesangs-Intonationen bis ins kleinste Detail, damit du selbst dem Song so nahe wie nur eben möglich kommen kannst.
Ist es denn auf Dauer nicht unbefriedigend, immer nur Songs einer anderen Band zu spielen?
Wenn du deine eigenen Songs spielst, gibt es viel mehr Diskussionen. Spielst du hingegen die Songs der Beatles, gibt es keine Diskussionen. Du spielst sie einfach so exakt wie möglich. Nur darum geht es. Es gibt keine Probleme und Diskussionen innerhalb der Band.
Ist das eine Art Huldigungs-Wahn unter dem Deckmantel einer perfektionistisch-musikalischen Nachahmung?
Ja. Wahn trifft es ganz gut. Auch, weil es für uns im Kontext der musikalischen Nachahmung keine Grenzen gibt. Wir versuchen so nah an das Original heranzukommen, wie wir können. Wir spielen sogar „Revolution 9“ vom „The White Album“. Die meisten anderen Tribute-Bands halten sich an der Nummer gar nicht erst auf. Aber wir lieben dieses wirklich avantgardistische Stück, das fast neun Minuten lang dauert. Manchmal glaube ich, die meisten Leute denken über uns, wir seien komplett verrückt, weil wir sowas machen. *Lachen* Aber viel öfter hören wir von unseren Fans, dass sie sich ganz nah dran an den Beatles fühlen, wenn sie auf unseren Konzerten die Augen schließen. Das ist immer das schönste Kompliment von allen.
Habt ihr denn auch junge Fans?
Ja, die gibt es. Meine 13-jährige Tochter kennt jeden Beatles-Song. Und auf unseren Konzerten kommen drei Generationen zusammen: Großeltern, deren Kinder und Enkelkinder. Die Beatles werden immer bleiben. Daran glaube ich. Ich für meinen Teil möchte mit The Analogues dazu beitragen, dass junge Menschen mit der Musik der Beatles in Kontakt kommen und sie so vielleicht ihren eigenen Beatles-Moment bekommen können, den sie nie wieder vergessen werden. Das verstehe ich als meine Mission.
Vielen Dank für das Interview.