Die Stadt Monheim eröffnet feierlich ihre neue Wander-Ausstellung „Ich bin mehr.“

Asad Martini stellt in der Monheimer Volkshochschule unter Federführung des städtischen Integrationsbüros unter dem Titel „Ich bin mehr.“ Portraits von Geflüchteten aus, die uns ihre Geschichten erzählen. Glück, Trauer, Schmerz und Wundersames füllen nun seit Mittwochabend die zahlreichen Ausstellungsräume der Wanderausstellung.  

Monheim (kle) „Ich wollte aufgeben. Ich wollte […] keine Last sein. Die Flucht sollte nicht an mir scheitern.“ Worte einer kurdischen Frau namens Aryan Taha - Anfang fünfzig - die 2016 zusammen mit ihren beiden Neffen aus dem Norden Iraks nach Deutschland flüchtete. Und dann erzählt sie ihre Geschichte weiter, so, als sei sie immer noch genau da, wo sich alles zugetragen hat: „Doch ein junger Mann namens Samam motivierte mich weiterzukämpfen und weiterzugehen. […]. Er nahm meinen Rucksack und stütze mich beim Laufen.“

Heute, im März 2019, befindet sich Aryan zusammen mit vielen anderen damals Geflüchteten im Saal der Monheimer Volkshochschule und tanzt; tanzt Dabke - einen orientalischen Folkloretanz, bei dem der Kontakt der Tanzenden durch Halten der Hände oder Umfassen der Schultern entsteht. Die etwa 300 Gäste der Eröffnungsfeierlichkeiten jubeln den sieben dort auf der Bühne anmutig Gleitenden frenetisch zu, der Applaus geht durch Mark und Bein: Es fällt schwer seine Tränen zu unterdrücken.

Schwer ist das auch, als Barry Asiatu von ihrem großen Glück spricht hier in Deutschland sein zu dürfen. Das einzige „Problem“, das sie habe, seien ihre fürchterlich seelischen Schmerzen; ihre vier Kinder leben immer noch in einem kleinen Dorf im afrikanischen Guinea. Sie vermisse sie sehr. Am Ende der Veranstaltung flüstert der einst jüngste Bürgermeister Nordrhein-Westfalens, Daniel Zimmermann, Barry etwas ins Ohr. Sie bedankt sich und wirft dem Saal ein Lächeln zu.

Mit ihrem Lachen verzaubert auch Narin al Alaaf die bis auf den letzten Platz gefüllte multikulti - Aula. Die aus Syrien stammende junge und elektrisierende Frau - ausgebildete Journalistin - habe Probleme im Umfeld Monheims einen adäquaten Job zu finden. Dass sie ein Kopftuch trage, würde vielen Arbeitgebern bitter aufstoßen, berichtet Narin im Rahmen des Podiumsgesprächs, das von der Islamwissenschaftlerin Sabine Barz rührend und frech zugleich geleitet wird: „Es ist unerheblich, was sie, Narin, auf dem Kopf tragen, sie haben ganz schön viel darin“, kommentiert die in Köln Kalk lebende Moderatorin.

Einen ganz schön kreativen Kopf besitzt Asad Martini, der gebürtige Monheimer Fotograf und Filmemacher mit syrischen Wurzeln. Als ab 2015 die zahlreichen Flüchtlinge in seinem Heimatort strandeten, habe er nicht einfach Nichts tun können: Er schloss sich als Dolmetscher der städtischen Flüchtlingsbetreuung an und erlebte so hautnah die Freuden und Nöte der meist jungen Männer und Frauen am eigenen Leibe. Er hörte ihnen zu. Er hörte ihnen zu, packte irgendwann seine Kamera aus und fing an sie zu fotografieren, die Gestrandeten, ihre Gesichter, die so viel zu erzählen hatten.

Einige dieser Gesichter und deren Geschichten sind seit Mittwochabend zu bestaunen. Zunächst noch bis Anfang April in der Monheimer Volkshochschule, anschließend in den kommenden Monaten unter anderem im Rathauscenter, im Louise-Schroeder- und Grevel-Haus, in St. Gereon sowie im Ulla-Hahn-Haus. Und vielleicht begegnen sie an einem dieser Ausstellungsorte auch Aryan Taha, der so fröhlich tanzenden Irakerin, die sich beinahe auf dem Weg zu uns aufgegeben hätte. Übrigens: Der sympathische Herr, der während des Dabke fest Aryans Hand gehalten hat, sein Name ist Samam, verrät sie mir und verschwindet ans Buffet.       


Geschrieben für XXX, nicht veröffentlicht

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